Jemen steht nach den schwersten Anschlägen seit Jahren noch weiter am Rand eines Bürgerkriegs. Bei Selbstmordanschlägen auf zwei Moscheen in der Hauptstadt Sanaa wurden über 140 Personen getötet.
Das jemenitische Gesundheitsministerium bezifferte die Zahl der Toten auf mindestens 142, jene der Verletzten auf 351. Nach Angaben von Rettungskräften und Augenzeugen sprengte sich zunächst ein Attentäter in der Badr-Moschee im Süden von Sanaa in die Luft. Ein zweiter Attentäter zündete seinen Sprengsatz, als die Gläubigen aus dem Gotteshaus flohen.
Ein weiterer Selbstmordanschlag richtete sich gegen die Al-Haschusch-Moschee im Norden der Hauptstadt. Beide Moscheen werden von Anhängern der schiitischen Huthi-Miliz besucht.
Erstmals bekannte sich der IS zu Anschlägen im Jemen. Der IS-Arm in Sanaa erklärte, die Anschläge in der jemenitischen Hauptstadt seien ebenso sein Werk wie der Selbstmordanschlag in der Huthi-Hochburg Saada im Nordjemen.
Dort hatte sich nach Angaben aus dem Huthi-Umfeld ein Selbstmordattentäter vor einer Moschee in die Luft gesprengt, nachdem es ihm nicht gelungen war, in das Gebäude einzudringen. Ausser dem Attentäter starb dort niemand.
Die Anschläge wurden international scharf verurteilt. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Seiten auf, feindliche Handlungen sofort einzustellen.
Gegen Iran
Diese Attentate seien «nur die Spitze des Eisbergs», hiess es in dem im Internet veröffentlichten Bekennerschreiben der sunnitischen Terrormiliz. Damit wolle der IS den iranischen «Plan im Jemen» durchkreuzen. Der Iran wird verdächtigt, die schiitische Huthi-Miliz im Konflikt mit Jemens Staatschef Abd Rabbo Mansur Hadi unterstützt zu haben.
Ein Sprecher des Präsidialamts in Washington sagte, die USA könnten nicht bestätigen, dass die Anschläge wirklich auf das Konto der IS-Terrormiliz gingen. Es gebe keine klare Verbindung zwischen den Attentätern und der IS-Miliz.
Kämpfe auch in Aden
Die Huthi-Miliz war seit Sommer vergangenen Jahres auf Sanaa vorgerückt, im Januar übernahm sie mit der Einnahme des Präsidentenpalastes die Kontrolle über die Hauptstadt. Sie zwang Präsident Hadi zum Rücktritt und stellte ihn unter Hausarrest. Auch das Parlament wurde für aufgelöst erklärt.
Hadi gelang Ende Februar die Flucht in die südliche Hafenstadt Aden, die zweitgrösste Stadt des Landes. Dort zog der international anerkannte Präsident seine Rücktrittserklärung zurück und erklärte die Aden zur neuen Hauptstadt.
Am Donnerstag erreichte der Machtkampf zwischen Hadi und der Huthi-Miliz auch Aden. Bei Kämpfen zwischen Anhängern und Gegnern des Präsidenten um die Kontrolle des Flughafens wurden mindestens elf Menschen getötet und mehr als 50 weitere verletzt. Ein Kampfflugzeug griff Hadis Residenz an. Der Präsident sprach von einem «gescheiterten Putschversuch».
Seit Jahren herrscht Gewalt
Im Jemen herrschen seit Jahren politisches Chaos und Gewalt. Die sunnitische Terrororganisation Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) ist dort seit längerem schon in den Machtkampf involviert.
Sie sorgt im Jemen seit Jahren für eine angespannte Sicherheitslage. Das schürt nicht zuletzt Sorgen bei den anderen Golfstaaten, allen voran beim Nachbarn Saudi-Arabien, der Jemen könnte als Staat scheitern und zum sicheren Hafen für radikale Gruppen wie Al-Kaida oder dem IS werden.