Bei neuen Massenprotesten gegen den von Manipulationsvorwürfen überschatteten Sieg von Wladimir Putin bei der russischen Präsidentenwahl haben etwa 25’000 Menschen Neuwahlen verlangt. Erstmals forderten Redner auch eine „Orangene Revolution“ wie 2004 in der Ukraine.
Davor brauche niemand Angst zu haben, da der Wandel in der Ex-Sowjetrepublik friedlich verlaufen sei, sagte die junge Oppositionspolitikerin Vera Kitschanowa. Putin hatte wiederholt vor „bunten Revolutionen“ gewarnt, mit denen das Ausland die Gesellschaft in den früheren Sowjetrepubliken destabilisieren wolle.
„Wir haben klare Forderungen: Politische Reformen, Schaffung einer unabhängigen Justiz, Ende der Medienzensur, Direktwahl der Gouverneure und Neuwahl der Staatsduma und des Präsidenten“, sagte der ausserparlamentarische Politiker Wladimir Ryschkow am Samstag.
Der Regierungsgegner und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow nannte den gewählten Präsidenten Wladimir Putin einen „Diktator“. Die Behörden sprachen von etwa 10’000 Teilnehmern bei der friedlichen Kundgebung.
Die Opposition brauche ein positives Programm, forderte die prominente Fernsehmoderatorin Xenia Sobtschak. „Wir wissen, wogegen wir sind, aber jetzt müssen wir äusserst schnell unser „Für“ formulieren“, sagte Sobtschak. Putin wirft seinen Gegnern vor, sie hätten kein Konzept.
An Schwung verloren
Die Protestbewegung steht eine Woche nach der Wahl Putins zum russischen Präsidenten am Scheideweg: Die im Vergleich zu vorherigen Protesten relativ geringe Beteiligung legte nahe, dass die Oppositionsbewegung an Schwung verloren hat.
„Wenn wir ein gewaltiges Wachstum erreichen, wenn 100’000 Leute kommen, dann werden wir schnell Ergebnisse bekommen“, sagte Sergej Udalzow, einer der Führer der Protestbewegung, am Freitag nach einer Meldung der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. „Wenn es nicht so viele sein werden, wird es ein längerer Weg.“
„Nicht unser Präsident“
Putin hatte die Wahl am vergangenen Sonntag nach offiziellen Angaben deutlich gewonnen. Russische Wahlbeobachter prangerten aber Tausende „gröbste Verstösse“ an. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierte die Abstimmung als ungerecht und unfair. „Das sind keine Wahlen, das ist nicht unser Präsident“, skandierte die Menge.
In St. Petersburg wurden bei einer nicht genehmigten Kundgebung etwa 60 Menschen festgenommen. Auch in der drittgrössten Stadt Nischni Nowgorod nahm die Polizei etwa 60 Regierungskritiker in Gewahrsam.