Die Präsidentin der Kommission gegen Rassismus, Martine Brunschwig Graf, zeigt sich besorgt über die nach ihrer Einschätzung zunehmenden rassistischen und antisemitischen Kommentare auf Facebook und in Online-Kommentaren. Sie fordert den Bund auf, zu intervenieren.
«Wir haben einen Punkt erreicht, wo die Behörden aktiv werden müssen», sagte Brunschwig Graf im Interview mit der «SonntagsZeitung». Konkret fordert die ehemalige Genfer Nationalrätin, dass der «Bund mit Facebook das Gespräch sucht, um dafür zu sorgen, dass die soziale Plattform schneller auf rassistische Entgleisungen reagiert».
«Wir müssen verhindern, dass strafbare Aussagen auf Facebook und anderen sozialen Medien stehen bleiben, obwohl sie gegen das Gesetz verstossen.» Das sei ein zentrales Thema für die Eidgenössische Kommission, zu dem sie mit anderen Bundesstellen eine Lösung finden wolle. Es gebe mehr Strafanzeigen und «wir müssen dafür sorgen, dass Anzeigen auch etwas bewirken».
Noch nie dagewesene Tabulosigkeit
Rassismus und Antisemitismus im Internet seien nicht neu, sie hätten sich aber intensiviert, sagte Brunschwig Graf weiter. «Heute existiert eine Tabu- und Hemmungslosigkeit, die wir bisher noch nie erlebt haben.» Vielen Leuten sei nicht bewusst, dass sie sich auf Facebook öffentlich äusserten. «Sie schreiben Dinge, die sie niemals sagen würden.»
Zudem stelle sie eine «Radikalisierung» fest: Ein Blick in die Kommentare bei Online-Medien zeige ihr: «Hass ist normal geworden.» Und er könne sich gegen «alles und jeden richten». «Das ist gefährlich für eine Gesellschaft und muss bekämpft werden.» Sie sorge sich, dass Grenzen verschoben würden, wenn solche Kommentare salonfähig würden. «Das kann im schlimmsten Fall zu Gewalt führen.»