Wasserforscher haben im Sediment des Genfersees erhöhte Mengen von Keimen gefunden, die gegen zahlreiche Antibiotika resistent sind. Dieses Reservoir erhöht das Risiko, dass das gefährliche Erbgut über kurz oder lang auch in menschliche Krankheitserreger gelangt.
Bakterien, die gegen zahlreiche Antibiotika unempfindlich geworden sind, gelten als eine der grössten Gefahren in der heutigen Medizin. Patienten mit solchen Erregern lassen sich oft nur noch schwer oder gar nicht mehr behandeln. Harmlos scheinende Infektionen können so plötzlich lebensbedrohlich werden.
Eine Studie des Wasserforschungsinstituts Eawag zeigt nun, dass solche Keime mit dem Siedlungsabwasser – vor allem aus Spitälern – in grossen Mengen in Gewässer gelangen. Die Wissenschaftler um den Mikrobiologen Helmut Bürgmann untersuchten dazu den Abwasserfluss der Stadt Lausanne, der – gereinigt – in den Genfersee geleitet wird.
Verseuchte Spitalabwässer
Insbesondere im Abwasser des Lausanner Universitätsspitals fanden die Forscher eine hohe Zahl von multiresistenten Keimen, wie die Eawag am Donnerstag mitteilte. Das war zu erwarten gewesen, denn Spitäler sind naturgemäss eine Hochburg besonders gefährlicher Krankheitserreger.
Die Kläranlage der Stadt entfernt zwar über drei Viertel aller Bakterien aus dem Abwasser. Doch die Forscher fanden heraus, dass im gereinigten Abwasser der Anteil an besonders resistenten Stämmen erhöht ist: Diese Bakterien scheinen den Reinigungsprozess besonders gut zu überstehen.
Die Folge: Die Menge an multiresistentem Antibiotika-Erbgut ist im Genfersee erhöht – vor allem im Sediment in der Nähe jener Stelle, an der das gereinigte Abwasser eingeleitet wird. Damit vergrössert sich das Risiko, dass die Resistenzgene über kurz oder lang den Weg zurück finden in menschliche Krankheitserreger.
„Kein Grund zur Panik“
Das kann bereits im See geschehen oder im menschlichen Körper, wenn die Gensequenzen für Antibiotikaresistenz ins Trinkwasser gelangen. Laut den Forschern schützen solche Resistenzen die Bakterien nicht nur gegen Medikamente sondern oft auch vor anderen Substanzen wie Schwermetallen oder Desinfektionsmitteln.
Für Nadine Czekalski, Erstautorin der im Fachblatt „Frontiers in Antimicrobials, Resistance and Chemotherapy“ erschienenen Studie, sind die Befunde aber „kein Grund zu Panik“, wie es im Communiqué heisst. In der Nähe einer Trinkwasserfassung drei Kilometer vom Kläreinlauf entfernt, fanden sich zwar Multiresistenzen im Sediment aber keine im Seewasser.