Die Zahlung von 72 Millionen Franken des Pharmakonzerns Novartis an ihren abtretenden Verwaltungsratspräsidenten Daniel Vasella wird zum Fall für die Strafverfolgungsbehörden. Der Zürcher Rechtsanwalt und Kleinanleger-Verteidiger Hans-Jacob Heitz reicht Strafanzeige ein.
Der Zürcher Jurist Hans-Jakob Heitz hat am Montag eine Strafanzeige gegen Daniel Vasella mit der Post verschickt, der Brief sollte die Basler Staatsanwaltschaft morgen erreichen. Sein Vorwurf: ungetreue Geschäftsbesorgung und unwahre Angaben in kaufmännischem Gewerbe. Heitz‘ Anzeige lautet nicht nur auf Vasella, seine Vorwürfe gehen auch an die Adresse des Vergütungsausschusses und an die Firma selbst.
«Nun muss die Basler Stawa Farbe bekennen.»
Mit seiner Anzeige will Heitz die Basler Staatsanwaltschaft (Stawa) zwingen, aktiv zu werden. In der Basler Zeitung hat deren Mediensprecher René Gsell nämlich verneint, dass die Stawa von Amtes wegen aktiv werden müsse. «Nun muss die Basler Stawa Farbe bekennen», sagt Heitz. Dort war am Montag wegen der Fasnacht niemand für eine Stellungnahme erreichbar.
Die Zahlung sei womöglich «vorwirkend» mit Blick auf ein Verbot für Abgangsentschädigungen durch die Annahme der Minder-Initiative begangen worden, wie Heitz gegenüber der TagesWoche mutmasst. Der «Anlegerschützer» beantragt deshalb eine Sicherungsmassnahme, damit die 72 Millionen nicht durch die Generalversammlung der Novartis vom Freitag abgesegnet werden können. Solche Massnahmen seien üblich, wenn «Gefahr im Verzug» sei, erklärt Heitz. Er findet deutliche Worte: «Hier wurden die Aktionärsrechte mit Füssen getreten».
«Nicht viel Geld für die Novartis»
Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern, sieht dagegen kaum Möglichkeiten, dass sich der Vertrag auf dem Rechtsweg bekämpfen lässt. Eine Strafanzeige nütze gar nichts in Bezug auf eine Rückerstattung, sagte Kunz in Interviews mit den beiden Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» vom Montag.
«Selbst wenn sich Vasella und die anderen Verwaltungsräte der ungetreuen Geschäftsbesorgung strafbar gemacht hätten, bliebe der Vertrag in Kraft. Vasella müsste höchstens eine Busse an den Staat zahlen», erläuterte Kunz.
Er hält den Vertrag weder für rechts- noch für sittenwidrig: «So weit bekannt, haben die Parteien nichts Illegales vereinbart. Und allein die Geldsumme, um die es geht, macht einen Vertrag nicht sittenwidrig – vor allem bei einem Grosskonzern wie Novartis, für den 72 Millionen nicht wirklich viel Geld sind.»
Abgangsentschädigung müsste offengelegt werden
Es dränge sich aber der Verdacht auf, dass es zumindest bei einem Teil um eine Abgangsentschädigung gehe. Denn ein Konkurrenzverbot über sechs Jahre habe er noch nie gesehen. Eine Abgangsentschädigung sei zwar gemäss geltendem Recht zulässig, «Novartis hätte diese allerdings offenlegen müssen», sagte Kunz.
Zudem denke er, Vasella und Novartis würden von sich aus auf den Vertrag zurückkommen. «Der öffentliche Druck ist zu gross.» Vasella hat allerdings bereits angekündigt, den «Nettobetrag aus dieser Vereinbarung» vollständig für gemeinnützige Zwecke zu spenden.