Wenige Stunden nach Beginn einer humanitären Waffenruhe im Jemen hat die arabische Militärkoalition erneut Luftangriffe geflogen. Kampfflugzeuge des Bündnisses bombardierten Stellungen der Huthi-Rebellen in Taes, Aden und der Provinz Lahdsch.
Wie die Augenzeugen weiter berichteten, lieferten sich Huthi-Rebellen in Taes im Zentrum des Landes am Samstagmorgen weiterhin Kämpfe mit Truppen von Exil-Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi. Dabei hätten die Huthis auch mehrere Viertel bombardiert.
Die amtliche Nachrichtenagentur des Jemen, die von Hadis Exilregierung kontrolliert wird, warf den Huthi-Rebellen und ihren Verbündeten in der Armee vor, vor Beginn der Waffenruhe weitere Truppen nach Taes verlegt zu haben.
Auch aus der südlichen Hafenstadt Aden und der benachbarten Provinz Lahdsch wurden Kämpfe gemeldet. Ein Sprecher der Hadi-treuen Kräfte sagte, die Luftangriffe seien in Vergeltung für den Beschuss mehrerer Viertel Adens durch die Huthi-Rebellen erfolgt.
Die von den Vereinten Nationen ausgehandelte Feuerpause war um Mitternacht in Kraft getreten und soll bis zum Ende des Ramadan am 17. Juli gehen.
Die Feuerpause soll Gelegenheit schaffen, dringend benötigte Hilfe an die Zivilbevölkerung zu liefern. Die Kampfparteien hatten sich im Vorfeld aber skeptisch geäussert, dass die Gegenseite die Waffenruhe einhalten würde.
Der Huthi-Führer Abdel Malek al-Huthi sagte, der Erfolg hänge davon ab, ob «das saudiarabische Regime, seine Aggression vollständig einstellt». Die arabische Militärkoalition äusserte sich ihrerseits nicht zu der Waffenruhe. Ein saudiarabischer Regierungsvertreter bezeichnete die Feuerpause aber als «unnötig».
«Unsere letzte Hoffnung»
Mitte Mai hatte es eine ähnliche Feuerpause zur Verteilung von Hilfsgütern gegeben. Im Anschluss waren die Kämpfe aber mit neuer Kraft fortgesetzt worden.
Eine Sprecherin des Welternährungsprogramms sagte, die Feuerpause sei «unsere letzte Hoffnung». In den vergangenen Tagen hätten sie 9000 Tonnen Nahrungsmittel in die Depots gebracht, die sie nun in allen Regionen des Landes verteilen wollten, «egal wer sie kontrolliert».
Zwei Konvois nach Aden im Süden und Saada im Norden steckten aber wegen der schlechten Strassen und der unsicheren Lage fest. Zwei Schiffe mit Hilfsgütern würden vor der Hafenstadt Aden kreuzen.
Millionen Menschen auf der Flucht
Die Huthi-Rebellen hatten im Januar mit der Unterstützung von Anhängern des früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh in der Armee die Hauptstadt Sanaa unter ihre Kontrolle gebracht.
Die aus dem Norden des Jemen stammende schiitische Bewegung, die seit Jahren mit der Zentralregierung verfeindet ist, stiess anschliessend weiter nach Süden vor. Als die Huthi-Miliz sich der Hafenstadt Aden näherte, floh Präsident Hadi nach Riad und bat dort um Unterstützung.
Saudi-Arabien startete daraufhin mit anderen arabischen Staaten Luftangriffe auf die Huthi-Rebellen und ihre Verbündeten. Seit Ausbruch der Kämpfe wurden nach UNO-Angaben bereits mehr als 3200 Menschen getötet.
Millionen Menschen befinden sich demnach auf der Flucht. Rund 21 Millionen Jemeniten und damit 80 Prozent der Bevölkerung sind auf Hilfe oder Schutz angewiesen, während zehn Millionen Menschen nicht ausreichend Nahrung oder Trinkwasser haben.