Die angekündigte Schliessung der Konzernzentrale in Genf hat für das deutsche Pharmaunternehmen Merck Serono ein juristisches Nachspiel. Die Arbeitnehmerorganisation Angestellte Schweiz hält die Art und Weise, wie das Unternehmen die Entlassungen durchführt, für rechtswidrig und will eine Klage einreichen.
Angestellte Schweiz bemängelt, dass Merck Serono keine rechtlich eingesetzte Arbeitnehmervertretung habe. Dadurch müssten über 1000 Angestellte wegen der Entlassung respektive der Versetzung an einen anderen Standort persönlich konsultiert werden.
„Für ein modernes Unternehmen dieser Grösse ist dies absolut rückständig und nicht zeitgemäss“, schrieb die Gewerkschaft am Freitag in einem Communiqué. Bei Merck Serono in Genf zählt sie denn auch nur einige Dutzend der gesamthaft 1250 vom Standortabbau betroffenen Mitarbeiter zu ihren Mitgliedern.
Mit der Klage soll festgestellt werden, ob Merck Serono mit dem Vorgehen Pflichten aus dem Mitwirkungsgesetz verletzt und ob das Konsultationsverfahren den rechtlichen Standards entspricht. Im Detail handelt es sich dabei um den Artikel 335f des Obligationenrechts.
„Arbeitsregeln des 21. Jahrhunderts befolgen“
Einreichen wolle Angestellte Schweiz die Klage am Dienstag beim Arbeitsgericht des Bezirks Nyon, erklärte deren Rechtsberater Pierre Heger gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Dies sei so, weil der rechtliche Hauptsitz von Merck Serono gemäss Handelsregister in Coinsins VD liege.
„Es wird uns wohl nicht möglich sein, den Abbau des Standorts Genf zu verhindern, aber wir können Merck Serono zumindest dazu bringen, die Schliessung zu verschieben und dabei die Arbeitsregeln des 21. Jahrhunderts zu befolgen“, sagte er weiter.
Bereits am Mittwoch hätten sich Vertreter von Angestellte Schweiz mit den Verantwortlichen von Merck Seronos Personalabteilung getroffen, um diesen den Standpunkt der Gewerkschaft zu vermitteln. Die Klage von nächster Woche solle nun in einem ersten Schritt zu einer Verlängerung der Konsultationsfrist führen, erklärte Heger.
Zweite Personalversammlung in Gang
Auf Betreiben der Gewerkschaft Unia findet sich das Personal von Merck Serono am (heutigen) Freitagnachmittag zu einer zweiten Versammlung zusammen. Vor Wochenfrist waren 400 Angestellte dem Ruf dieser Gewerkschaft gefolgt. Thema der Veranstaltung sind gemäss Unia zum einen das Konsultationsverfahren, zum anderen die für nächste Woche geplanten weiteren Protestaktivitäten.