Die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit sollen teilweise verschärft werden. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des SECO schlägt unter anderem vor, die Bussen bei Lohndumping stark zu erhöhen – von heute 5000 auf maximal 30’000 Franken.
Nach Ansicht der Arbeitsgruppe haben sich die flankierenden Massnahmen bisher bewährt: Sie dürften in den vergangenen Jahren «wesentlich dazu beigetragen haben, dass negative Begleiterscheinungen aufgrund der Personenfreizügigkeit begrenzt blieben». Das schreibt die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht, über den die «NZZ» am Mittwoch berichtete und der auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt.
Schärfere Sanktionen und mehr Kontrollen
Dennoch empfiehlt die Arbeitsgruppe unter der Leitung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) gewisse Verschärfungen – etwa bei den Sanktionen: Arbeitgeber sollen bei Verstössen gegen die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen neu bis zu 30’000 Franken hinblättern müssen. Derzeit ist lediglich eine Busse von maximal 5000 Franken möglich.
Auch soll es unter gewissen Bedingungen möglich sein, während einer befristeten Zeit mehr Kontrollen durchzuführen. Als Kriterien für eine Erhöhung der Kontrollen werden unter anderem die Verstossquote oder der Anteil der Grenzgänger an den Erwerbstätigen genannt. Die Arbeitsgruppe spricht sich zudem für Verbesserung beim Vollzug aus.
Keine Einigung beim GAV
Nicht einigen konnte sich die Arbeitsgruppe punkto Gesamtarbeitsverträge (GAV). Die Gewerkschaften setzen sich bereits seit Längerem dafür ein, dass bestehende Vertrag einfacher allgemeinverbindlich erklärt werden können. Dagegen sträuben sich aber die Wirtschaftsvertreter.
Im Bericht werden nun zwei Varianten vorgeschlagen; der Entscheid liegt damit beim Bundesrat, der den Bericht laut der «NZZ» bereits am Freitag behandeln will. Die von den Gewerkschaften unterstützte Variante verlangt, dass bei Missbräuchen in Branchen der GAV ausnahmsweise auch für allgemeinverbindlich erklärt werden kann, wenn das sogenannte Arbeitgeberquorum nicht erfüllt ist.
Der Arbeitgeberverband, der Gewerbeverband und der Baumeisterverband lehnen dies ab. Sie propagieren stattdessen eine zweite Variante als «echten Kompromissvorschlag». Darin sprechen sie sich unter anderem dafür aus, dass alle Bestimmungen eines GAV, welche Regelungen der Arbeitszeit betreffen, der erleichterten Allgemeinverbindlichkeitserklärung zugänglich sein sollen. Dies ist derzeit nicht der Fall.
Vorschlag des Tessins «prüfenswert»
Kein Gehör fand bei der Mehrheit der Arbeitsgruppe ein Vorschlag der Gewerkschaften und der Grenzkantone Tessin und Genf: Sie hatten die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage gefordert, die es ermöglichen würde, bei krassen Verstössen gegen die Lohn- und Arbeitsbedingungen sofort einen Arbeitsunterbruch anordnen zu können.
Einen Vorschlag des Kantons Tessin, beim Meldeverfahren mehr Angaben zu verlangen, erachtet die Arbeitsgruppe immerhin als «prüfenswert».
Zuwanderungsinitiative wirft Fragen auf
Die Arbeitsgruppe hatte ihre Arbeit im letzten Sommer aufgenommen – lange vor der Annahme der Zuwanderungsinitiative. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe muss nun geprüft werden, in welcher Form die flankierenden Massnahmen bei einem Kontingentsystem weitergeführt werden können. So lange das Freizügigkeitsabkommen in Kraft ist und die Umsetzung der Einbürgerungsinitiative nicht geregelt ist, bleiben die flankierenden Massnahmen jedoch bestehen, wie es im Bericht heisst.
Die flankierenden Massnahmen waren am 1. Juni 2004 eingeführt worden, um missbräuchliches Unterbieten der Arbeitsbedingungen wegen der Personenfreizügigkeit zu verhindern. Seither wurden sie mehrfach verstärkt, erst im vergangenen Jahr wurde beispielsweise die Solidarhaftung im Baugewerbe eingeführt.