Die Pflicht für Gefängnisinsassen, auch nach dem Pensionsalter zu arbeiten, verstösst nicht gegen das in der Menschenrechtskonvention verankerte Verbot von Zwangsarbeit. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Beschwerde eines Mannes abgewiesen.
Der 70-Jährige, der in der Justizvollzugsanstalt Pöschwis ZH verwahrt ist, war 2003 wegen Sexualdelikten zu einer Haftstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt worden – dies als Zusatzstrafe zu einem Urteil des Pariser Appellationsgerichts.
Der Mann wehrte sich gegen die Auflage, regelmässig arbeiten zu müssen. Weil er sich weigerte, wurde ihm ein strikteres Haftregime auferlegt.
Der EGMR hält in seinem Urteil fest, dass er zum ersten Mal über die Frage habe befinden müssen, ob es sich bei der Arbeitspflicht für Pensionierte in Gefängnissen um Zwangsarbeit handelt.
In den 28 EU-Mitgliedstaaten gibt es gemäss EGMR keine einheitliche Praxis. In 16 Ländern müssten Inhaftierte nach Erreichen des Pensionsalters nicht mehr arbeiten. In den 12 weiteren Staaten sei die Frage gesetzlich nicht geregelt.
Der Schweiz komme in dieser Frage grundsätzlich ein grosses Ermessen zu, schreibt der EGMR in seinem Entscheid. Wie bereits das Bundesgericht kommt er zum Schluss, dass die vom 70-Jährigen zu leistende Arbeit dazu diene, Haftschäden zu vermeiden. Gerade bei langjährig Inhaftierten sei psychischen und physischen Problemen vorbeugend zu begegnen.
Die Arbeit während rund 18 Stunden pro Woche sei zudem an die Fähigkeiten und Möglichkeiten des Mannes angepasst. Sie könne somit vom 70-Jährigen im Rahmen der Vollzugsanstalt verlangt werden. (Urteilsnummer 10109/14)