Das Bundesgericht hat es der Obwaldner Ausgleichskasse verwehrt, die überhöhten Dividendenbezüge eines Architekten als AHV-pflichtigen Lohn zu behandeln. Laut Gericht sind im konkreten Fall die Voraussetzungen für ein solches Vorgehen nicht erfüllt.
Der Alleinaktionär eines Architekturbüros hatte in den Jahren 2003 bis 2005 lediglich 44’000 Franken Lohn bezogen. 2006 betrug das Gehalt 104’000 Franken. In der gleichen Zeit liess er sich von seiner Gesellschaft jährlich 160’000 an Dividenden auszahlen.
Dividenden nur teilweise besteuert
Dividenden werden in Obwalden seit 2001 nur teilweise besteuert. Das Gleiche gilt infolge der Unternehmenssteuerreform II seit 2009 auch auf Bundesebene. Zudem sind auf Dividenden grundsätzlich keine AHV- oder sonstigen Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.
Die Obwaldner Ausgleichskasse akzeptierte die nach ihrer Ansicht teilweise verdeckte Lohnauszahlung nicht und verlangte vom Architekten 25’000 Franken Nachzahlung von AHV- und anderen Sozialversicherungsbeiträgen. Das kantonale Verwaltungsgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde des Betroffenen 2011 gut.
Das Bundesgericht hat nun in letzter Instanz ebenfalls gegen die Ausgleichskasse entschieden. Die Richter der II. Sozialrechtlichen Abteilung in Luzern erinnerten in ihrer öffentlichen Beratung vom Donnerstag zunächst an die höchstrichterliche Praxis in solchen Fällen.
Nackte Zahlen nicht entscheidend
Demnach müssen zwei Bedingungen erfüllt sein, damit eine Gewinnausschüttung als AHV-pflichtiger Lohn behandelt werden darf. Erstens muss der als Lohn ausbezahlte Betrag unangemessen tief sein, also deutlich unter dem branchenüblichen liegen.
Zweitens muss die Höhe der Dividende im Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der Aktien in einem offensichtlichen Missverhältnis stehen. Die Richter in Luzern waren sich nun zwar darin einig, dass diese Bedingungen im konkreten Fall erfüllt wären, wenn rein auf die nackten Zahlen abgestellt würde.
Der branchenübliche Lohn wäre nämlich 120’000 Franken und die jährlichen Renditen von 13 bis 36 Prozent deutlich überrissen. Während zwei Richter aufgrund dieser Situation die Beschwerde der Kasse gutheissen wollten, kamen ihre drei Kollegen aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum gegenteiligen Schluss.
Keine „Wegmarke für die AHV“
Zu beachten sei nämlich, dass die Dividendenzahlungen nur wegen der angehäuften Gesellschaftsgewinne aus den 1990er-Jahren hätten ausgerichtet werden können. In dieser zurückliegenden Phase habe der Betroffene jeweils immer einen branchenüblichen, AHV-pflichtigen Lohn bezogen.
Anzeichen dafür, dass der Architekt planmässig seine AHV-Beiträge habe minimieren wollen, seien nicht ersichtlich. Ihr Verdikt wollte die Richtermehrheit ausdrücklich als Einzelfallentscheid verstanden wissen und nicht als „Wegmarke für die AHV“, wie einer ihrer unterlegenen Kollegen (Beratung vom 25.10.2012 im Verfahren 9C_669/2011).