Er galt als der grösste lebende Architekt Deutschlands, vielleicht Europas: Frei Otto hat schon vor Jahrzehnten so gebaut, dass es heute noch innovativ ist. Mit ihrer höchsten Auszeichnung haben sich die Architekten der Welt jetzt vor ihrem Lehrer verneigt.
Zwei Monate nach seinem Tod ist Frei Otto mit dem Pritzker-Preis für Architektur geehrt worden. Der Deutsche, der mit der Konstruktion des Münchner Olympiadaches berühmt geworden war, bekam die als wichtigste Architekturpreis der Welt geltende Auszeichnung am Freitagabend (Ortszeit) in Miami posthum verliehen.
Es ist nach Gottfried Böhm 1986 erst das zweite Mal, dass der Preis an einen Deutschen ging und das erste Mal, dass er nach dem Tode des Preisträgers verliehen wird.
Otto war Anfang März im Alter von 89 Jahren in Leonberg bei Stuttgart gestorben. Er hatte nach Angaben der Jury aber noch von der Ehrung erfahren. «Ich habe nie etwas getan, um diesen Preis zu erhalten», habe er der Jury daraufhin gesagt.
«Das Gewinnen von Preisen ist nicht mein Lebensziel. Ich versuche, armen Menschen zu helfen. Aber was soll ich sagen, ich bin sehr glücklich.»
«Organisches Bauen»
Otto hatte schon früh «organisches Bauen» propagiert. «Wir müssen mit der Natur bauen, nicht gegen sie», war einer seiner Grundsätze.
Otto sei nicht nur Architekt, sondern auch «Forscher, Erfinder, Form-Finder, Ingenieur, Baumeister, Lehrer, Mitarbeiter, Umwelt-Aktivist, Humanist und Schöpfer unvergesslicher Gebäude und Orte» gewesen, hatte die Jury ihre Wahl begründet. Die Auszeichnung gilt als eine Art Architekturnobelpreis.
Der britische Architekt Norman Foster sagte, Otto habe seiner Zunft gezeigt, dass sie nicht unter der Last der Tradition zusammenbrechen müsse, sie könne leicht und «organisch» bauen. «Er war unser aller Lehrer.»
Sein Berufskollege Frank Gehry sagte: «Frei Otto hat für immer unsere Art, über Bauten zu denken, verändert. Er hat in Frage gestellt, was da war, und ist zurück zur Natur gegangen. Er war weit vor seiner Zeit.»