Lance Armstrong will nicht mehr. Der Rekordsieger der Tour de France verzichtet auf weitere Einsprüche gegen die Ermittlungen der US-Dopingjäger. Als Geständnis will er das aber nicht verstanden haben.
Lance Armstrong will sich nicht mehr mit den gegen ihn erhobenen Doping-Vorwürfen beschäftigen und nimmt dafür auch die mögliche Aberkennung seiner sieben Tour-Titel in Kauf. «Es kommt ein Punkt im Leben jedes Menschen, an dem er sagen muss: es reicht. Für mich ist dieser Punkt jetzt gekommen», teilte der erfolgreichste Radprofi der Tour-Geschichte in einem schriftlichen Statement auf seiner Homepage mit. Der 40-Jährige schrieb von einer «Hexenjagd» durch Travis Tygart, den Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA.
Die USADA will Armstrong alle bei der Tour de France gewonnenen Titel aberkennen und ihn lebenslang sperren lassen. Ob sie dazu allerdings berechtigt ist, ist unklar.
Das gesamte Verfahren habe einen «zu hohen Zoll» von ihm und seiner Familie gefordert, begründete Armstrong seinen Entschluss. Wenn er eine Chance gesehen hätte, in einer fairen Umgebung die Vorwürfe widerlegen zu können, hätte er «die Chance wahrgenommen». «Aber ich weigere mich, in einem einseitigen und unfairen Prozess mitzumachen.» Ein Dopinggeständnis legte Armstrong damit aber nicht ab.
Die Anklagen der alten Weggefährten
Armstrong war in den letzten Jahren immer mehr unter Druck geraten. So sagte ex-Profi Tyler Hamilton 2011 in einem Interview: «Ich habe Epo in seinem Kühlschrank gesehen. Ich habe mehr als einmal gesehen, wie er es sich wie wir alle injiziert hat. So wie ich es viele Male getan habe.» Hamilton war von 1999 bis 2001 im selben Team wie Armstrong gefahren.
Bereits 2010 hatte mit Floyd Landis ein anderer Weggefährte Armstrongs den siebenmaligen Tour-Sieger in einem TV-Interview des Dopings und der Lüge bezichtigt (siehe auch Slideshow oben). Beide, Landis und Hamilton waren vor ihren Anschuldigungen selbst des Dopings überführt worden.
2005 hatte die französische Zeitung «L’Equipe» geschrieben, in Armstrongs Blutproben aus dem Jahr 1999 sei EPO nachgewiesen worden. 1999 war das Jahr, in dem Armstrong erstmals die Tour de France gewinnen konnte.
Armstrong wollte die Ermittlungen blockieren
Armstrong hatte erst Anfang der Woche eine weitere Niederlage im Ringen mit der USADA hinnehmen müssen. Ein Richter in Armstrongs Heimatstadt Austin wies die Klage des Ex-Radprofis am Montag ab, der die USADA bei ihren Ermittlungen gegen sich blockieren wollte.
Durch diesen Beschluss war Armstrong die Möglichkeit genommen worden, eine Schiedsgerichts-Verhandlung zu verhindern, bei der er offiziell als Doper gebrandmarkt hätte werden können. Armstrong hätte unter Eid aussagen müssen. Das wollte er ganz offensichtlich unter allen Umständen verhindern. «Heute schliesse ich diese Seite. Ich werde dieses Thema nicht mehr ansprechen, unabhängig von den Umständen», schreibt Armstrong.
Die Doping-Jäger werfen Armstrong jahrelanges Doping und Handel mit illegalen Substanzen vor. Der siebenmalige Gewinner der Tour de France soll Teil einer regelrechten «Doping-Verschwörung» gewesen sein.
«Das ist ein trauriger Tag für alle von uns, die den Sport und unsere Athleten-Helden lieben», teilte Tygart in einem Schreiben der USADA mit. «Der Fall ist ein herzzerreissendes Beispiel dafür, wie die Kultur des Siegens um jeden Preis einen sauberen und fairen Sport verhindert», sagte Tygart.
Erbt nun Jan Ullrich?
Von 1999 bis 2005 hatte Armstrong siebenmal in Serie die Tour de France gewonnen. Der deutsche Jan Ullrich war in den Jahren 2000, 2001 und 2003 hinter dem Amerikaner auf Platz zwei des wichtigsten Radrennens der Welt gefahren.
Ob Ullrich bei einer Aberkennung der Titel nachträglich zum Sieger ernannt werden würde, ist aber offen. Er ist erst im Februar 2012 vom Internationalen Sportgerichtshof CAS des Dopings schuldig befunden worden. Ihm wurden rückwirkend sämtliche Ergebnisse seit dem 1. Mai 2005 aberkannt.
Armstrong teilte mit, dass er sich künftig nur noch um die Arbeit seiner Stiftung, dem Kampf gegen Krebserkrankungen und um seine Familie kümmern wolle. «Nach vorne blickend werde ich mich um die Erziehung meiner fünf wunderbaren (und energetischen) Kinder und dem Kampf gegen Krebs widmen und versuchen, der fitteste 40-Jährige auf dem Planeten zu sein», schrieb er.