Mit einer Volksabstimmung über eine neue Verfassung am 26. Februar will der syrische Präsident Baschar al-Assad der Protestbewegung die Spitze nehmen. Neu ist: Die Monopolstellung der Baath-Partei, mit der vor Assad schon sein Vater Hafis regiert hatte, fällt weg. Auch der Sozialismus wird offiziell aufgegeben.
Die Frage, wie das Referendum praktisch ablaufen soll, während in mehreren syrischen Provinzen Bürgerkrieg herrscht, blieb allerdings offen.
Im Entwurf heisst es, politische Aktivitäten auf Basis der Religion oder der Stammeszugehörigkeit seien verboten. Gleichzeitig wird betont: „Die islamische Jurisprudenz ist die Hauptquelle der Gesetzgebung.“ Nur ein Muslim darf Präsident werden.
Syriens enger Verbündeter Russland begrüsste das angekündigte Verfassungsreferendum. „Die politischen Reformen kommen spät – aber besser spät als nie“, sagte Aussenminister Sergej Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax. Das Referendum sei „ein Schritt vorwärts“ zur Bildung eines Mehrparteiensystems, betonte er – und das sei gut.
Lawrow forderte die internationale Gemeinschaft auf, das Assad-Regime als Partner anzuerkennen und nicht weiter zu isolieren. Er reist an diesem Donnerstag nach Wien zu Syrien-Krisengesprächen mit UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon.
Russland kompromissbereit
In Wien will Lawrow mit seinem französischen Amtskollegen Alain Juppé über einen neuen Vorstoss Frankreichs für eine Syrien-Resolution sprechen. Sanktionen gegen Syrien könnte nur der UNO-Sicherheitsrat beschliessen, was Russland und China bislang verhindert haben.
In New York will an diesem Donnerstag laut Diplomaten auch die UNO-Vollversammlung über eine Syrien-Resolution abstimmen. Die Vollversammlung kann zwar offiziell Verurteilungen aussprechen. Diese haben aber rein appellativen Charakter.
Zwei Tage vor dem geplanten syrischen Verfassungs-Referendum soll in Tunis ein erstes Treffen der sogenannten Gruppe der Freunde Syriens stattfinden. Zu diesem Treffen werden vor allem arabische und westliche Politiker und Diplomaten erwartet sowie Vertreter der syrischen Opposition.
Blutvergiessen geht weiter
In den Zentren der Protestbewegung gegen Assad ging das Blutvergiessen unterdessen weiter. Auch in Birsa, einem Viertel im Norden von Damaskus, marschierte nach Angaben von Augenzeugen am Mittwoch die Armee auf. Schüsse waren zu hören. Aktivisten meldeten, die Soldaten hätten Gebäude angezündet.
Eine Explosion in der Rebellenhochburg Homs zerstörte eine Gasleitung. Laut Aktivisten flogen kurz vor der Explosion Kampfjets über den Explosionsort. Eine Granate soll nach diesen Angaben die Pipeline getroffen haben. Syrische Staatsmedien machen dagegen Terroristen für die Explosion verantwortlich.