Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat am Donnerstag die umkämpfte Stadt Aleppo für «befreit» erklärt. Gleichentags begann die Evakuierung von Teilen des zuvor von Rebellen gehaltenen Ost-Aleppos.
Mit der «Befreiung» Aleppos habe sich die Situation geändert, «nicht nur für Syrien, nicht nur für die Region, sondern für die ganze Welt», sagte Assad in einem offenbar mit einem Smartphone aufgenommenen und am Donnerstag auf Internet veröffentlichten Video. Mit dem Beginn der Evakuierung gebe es ein «Vorher» und ein «Nachher».
Assads Streitkräfte und ihre Verbündeten, darunter Russland und der Iran, hatten in wochenlangen Kämpfen weitgehend die von den Rebellen gehaltenen Stadtviertel eingenommen. Dies ist der grösste Sieg für die Führung von Präsident Assad seit Kriegsbeginn.
Mit rund eintägiger Verzögerung begann dann am Donnerstag die Evakuierung von Stadtvierteln, wo tausende Menschen eingekesselt waren und unter katastrophalen Bedingungen ausharren mussten.
Per Konvoi in Sicherheit
Ein Konvoi von Bussen und Krankenwagen bewegte sich am Donnerstagmittag langsam vom Viertel Al-Amirijah in Richtung des von Regierungstruppen gehaltenen Viertels Ramussa, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Von dort sollten die Menschen laut IKRK in den Westen der Provinz Aleppo gebracht werden, der in der Hand der Aufständischen ist.
Transportiert wurden zunächst vor allem Verletzte und deren Angehörige. Angeführt wurde der Konvoi von Fahrzeugen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sowie des Syrischen Halbmonds, dahinter folgten 13 Krankenwagen und 20 grüne Busse, wie die AFP-Journalistin weiter berichtete.
Laut Militärkreisen wurden bis zum Nachmittag rund 1000 Menschen aus den umzingelten Vierteln herausgeholt. Dem syrischen Staatsfernsehen zufolge sollen mindestens 4000 Rebellenkämpfer und ihre Familien aus Aleppo weggebracht werden.
Russland sagte nach UNO-Angaben eine schnelle und sichere Evakuierungsaktion für den belagerten Ostteil Aleppos zu. Die aus der Stadt herausgebrachten Menschen würden nach russischen Angaben unversehrt bleiben, sagte UNO-Vertreter Jan Egeland in Genf.
Beobachtung mit russischen Drohnen
Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, die syrischen Behörden garantierten die Sicherheit aller Rebellenkämpfer, die bereit seien, die Stadt zu verlassen. Die aufständischen Kämpfer sollten auch in die Oppositionshochburg Idlib gebracht werden. Das russische Militär beobachtete die Evakuierungsaktion nach eigenen Angaben unter anderem mit Drohnen.
Die Regierung Assads hatte Mitte November mit Unterstützung der russischen Streitkräfte sowie schiitischer Milizen unter anderem aus dem Iran eine Grossoffensive auf Aleppo gestartet und den Rebellen binnen weniger Wochen fast den gesamten Ostteil der Stadt entrissen. Hunderte Zivilpersonen wurden dabei getötet.
Ausser Ost-Aleppo sollten nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana auch zwei Dörfer in der Provinz Idlib evakuiert werden, die von der Regierung gehalten werden und von Rebellen umzingelt sind.
Demnach machten sich fast 30 Busse und Krankenwagen auf den Weg nach Fua und Kefraya, um Verletzte und Zivilisten von dort wegzubringen. Darauf soll der Iran, ein Verbündeter Assads, bei den Verhandlungen über eine neue Vereinbarung bestanden haben.
Kriegsverbrechen ahnden
Die EU-Staats- und Regierungschefs forderten an ihrem Gipfel in Brüssel, dass Kriegsverbrechen in Syrien geahndet werden müssten. Sie verurteilten auch nachdrücklich den Sturm auf Aleppo mit gezielten Angriffen auf die Zivilbevölkerung und Spitäler durch die Truppen Assads und dessen Verbündeten, insbesondere Russland.
Damit stellte der EU-Gipfel den Zusammenhang zu einer möglichen russischen Verbindung zu Kriegsverbrechen her ohne die Regierung in Moskau direkt zu beschuldigen.