Im griechischen Schuldendrama rudert die griechische Regierung ein wenig zurück – und wählt ihre Worte mit mehr Bedacht. «Es gibt schon zu viele Risse in Europa, um neue entstehen zu lassen», sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras am Dienstag in Rom nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Matteo Renzi.
Nach dem Treffen mit Renzi sagte Tsipras: «Wir sind natürlich offen für Vorschläge von anderen Partnern für alternative Wege.» Man müsse es allerdings schaffen, aus der Sackgasse zu entkommen, in der das Land stecke.
Renzi betonte, er habe Vertrauen, dass Tsipras mit dem von ihm begonnenen Dialog eine Lösung finden könne. «Ich glaube fest daran, dass die Voraussetzungen für eine Einigung zwischen Athen und den europäischen Institutionen gegeben sind», sagte er.
Wort «Schuldenschnitt» gemieden
Die neue griechische Regierung kommt Tag für Tag mehr in der politischen Realität an. Sie will zwar weiter eine deutliche Schuldenentlastung, schlägt aber neue Töne an. Finanzminister Giannis Varoufakis sagte in einem Interview, er wolle nicht mehr von einem Schuldenschnitt sprechen.
Dieser sei politisch in den Gläubigerländern nicht akzeptabel, sagte Varoufakis in einem Interview mit der «Financial Times» vom Dienstag. Stattdessen denkt die Athener Regierung nach seinen Worten an eine Vorschlagsliste von Umschuldungsmassnahmen statt des Schuldenerlasses auf einen Schlag.
Er schlug vor, Finanzhilfen der europäischen Partner durch Papiere zu ersetzen, die an das Wirtschaftswachstum des Mittelmeerlandes gekoppelt sind. Griechenland-Bonds, die die EZB gekauft hatte, sollten durch Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ersetzt werden. Zudem wolle Athen die Steuerhinterziehung hart bekämpfen und reiche Griechen schärfer besteuern.
Athen will mehr Zeit aushandeln
Die neue Links-rechts-Regierung will im Gegenzug zu den erwünschten Schuldenerleichterungen im Budget einen sogenannten primären Überschuss erreichen. Dabei werden die Zinszahlungen für die immensen Schulden ausgeblendet. Er soll bei 1 bis 1,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes liegen.
Varoufakis appellierte an die Euro-Partner, gemeinsam eine Lösung zu finden: «Man kann es schaffen. Unter der Bedingung, dass wir uns in Europa alle beruhigen», sagte er nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Pier Carlo Padoan.
«Roadshow» wird länger
Die griechische Regierung drückt aufs Tempo, um zu einer Lösung im Schuldenstreit zu kommen. Ministerpräsident Tsipras wirbt zusammen mit seinem Finanzminister diese Woche in europäischen Hauptstädten für einen veränderten Umgang mit der griechischen Schuldenproblematik.
Nach Tsipras‘ Treffen in Rom mit Regierungschef Renzi stehen am Mittwoch wichtige Besuche in Paris bei Staatspräsident François Hollande und in Brüssel bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an.
Gleichentags trifft Finanzminister Varoufakis auf seiner Europatour den obersten Euro-Währungshüter, EZB-Präsident Mario Draghi. In Rom sagte Varoufakis, er wolle am Donnerstag den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble in Berlin treffen.
Tsipras wird auch die USA von seinen Reformplänen überzeugen müssen: Das US-Finanzministerium teilte mit, ein Expertenteam solle «in den kommenden Wochen» nach Athen reisen. Die US-Beamten würden sich ein Bild von der Lage in dem hochverschuldeten Land machen. Details zur mehrtägigen Mission, die der Abteilungsleiter für Europa im Finanzministerium anführen soll, wurden nicht genannt.
Berlin und Brüssel: abwarten und zuhören
Die neue Regierung hatte besonders Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Schäuble wegen ihrer harten Haltung zur Sparpolitik angegriffen. Merkel will die Überlegungen aus Athen vorerst nicht bewerten. «Ich möchte jetzt nicht alles kommentieren», sagte sie in Berlin. Auch Schäuble warnte vor überzogenen Forderungen.