Wie 2014 in Lissabon kommt es heute Samstagabend in Mailand im Champions-League-Final zum Madrider Stadtderby zwischen Real und Atletico Madrid.
Schafft Atletico seine Premiere und damit die Revanche für die Niederlage vor zwei Jahren? Oder holt Real seinen 11. Titel?
Es ist ein Duell der Gegensätze, das die Fans am Samstag (20.45 Uhr) im Mailänder Giuseppe Meazza erwartet. Hier Real, der berühmteste Klub der Welt, aus dem reichen Norden der spanischen Hauptstadt, dessen Mythos in den Fünfzigerjahren gründet, als die Königlichen mit Alfredo Di Stefano, Francisco Gento und später auch Ferenc Puskas fünfmal in Folge den Meistercup gewannen. Da Atletico, der Arbeiterverein aus dem Süden der Stadt, der kaum Glanz und Glamour versprüht und dessen Stars nicht Cristiano Ronaldo, Gareth Bale oder Toni Kroos heissen, sondern Antoine Griezmann, Diego Godin oder Gabi.
Je zehnmal gewann Atletico die nationale Meisterschaft und den spanischen Cup, im Kampf um Europas Krone scheiterten die «Rojiblancos» aber sowohl 1974 gegen Bayern München als auch vor zwei Jahren gegen Real in letzter Minute. 1974 erzielte Hans-Georg Schwarzenbeck im Meistercup-Final in Brüssel in der 120. Minute den Ausgleich und rettete die Bayern in ein Wiederholungsspiel, das 4:0 zugunsten der Münchner endete. Vor zwei Jahren im Estadio da Luz in Lissabon liess Reals Sergio Ramos in der 93. Minute mit dem 1:1-Ausgleich den Traum Atleticos platzen. Dank drei Toren in der Verlängerung holte Real unter Carlo Ancelotti die lang ersehnte «La Décima».
Zidane oder Simeone?
Für die öffentliche Wahrnehmung der beiden Klubs stehen symbolhaft ihre Trainer. Real wird seit knapp einem halben Jahr von Zinédine Zidane betreut, dem einst genialen Mittelfeldspieler, der während seiner Karriere bei Juventus Turin und Real Madrid sowie in der französischen Nationalmannschaft magistral Regie führte und Frankreich zu WM- und EM-Titel sowie Real 2002 in Glasgow zum Champions-League-Triumph führte – mit einem Traumtor im Final gegen Bayer Leverkusen notabene.
Real gewann 21 der 26 Spiele unter der Leitung des 43-jährigen Franzosen und schoss dabei im Schnitt 2,73 Tore. Zidane gelang es im Gegensatz zu Vorgänger Rafael Benitez, mit dem Star-Ensemble um Cristiano Ronaldo umzugehen, dem noch ein Treffer zum eigenen Champions-League-Rekord von 17 Treffern von 2014 fehlt. «Er hat es geschafft, nicht nur ein guter Spieler, sondern auch ein guter Trainer zu sein», sagte Captain Sergio Ramos. Mit einem Sieg gegen Atletico könnte der einst beste Fussballer der Welt, der 2014 Ancelotti assistierte, erneut in die Geschichte eingehen. Zidane wäre der Siebte, der als Spieler und Trainer den wichtigsten Klubwettbewerb der Welt gewinnen würde – nach Miguel Muñoz, Giovanni Trapattoni, Johan Cruyff, Carlo Ancelotti, Frank Rijkaard und Pep Guardiola.
Zidanes Widersacher am Samstag ist Diego Simeone, der 46-Jährige aus Buenos Aires, der bereits während seiner Spielerkarriere mehr durch Härte, Kampfgeist und Kompromisslosigkeit als durch technisches Flair auffiel. Kein anderes Team im europäischen Spitzenfussball trägt so deutlich die Handschrift seines Trainers wie Atletico. «Für uns ist er wie ein Gott», sagte Mittelfeldspieler Tiago. «Er ist gekommen und hat alles verändert. Wenn er sagen würde, wir sollen von der Brücke springen, machen wir es.» Simeone implementierte in seinen knapp fünf Jahren im Vicente Calderon einen Spielstil, der zwar nicht spektakulär, aber enorm effektiv ist: defensive Solidität, basierend auf Organisation, Härte und Konsequenz gepaart mit einer durch Intensität, Laufvermögen sowie schnellem Umschaltspiel geprägten Offensive.
Simeone, als Spieler 1996 mit Atletico spanischer Double-Gewinner, hauchte dem zwischenzeitlich in der Versenkung verschwundenen Traditionsverein wieder Leben ein und etablierte Atletico als dritte Kraft in Spanien: Europa-League-Titel 2012, Cupsieg 2013, Meistertitel und Champions-League-Final 2014. Mit ihrem kampfbetonten, unbequemen Spiel entzauberten die «Rojiblancos» zuletzt auch Titelverteidiger Barcelona und Bayern München. Nun folgt mit dem Stadtrivalen, gegen den Atletico von den letzten acht Spielen nur eines verloren hat, die letzte, ultimative Herausforderung. Sollte «Atleti» am Samstag triumphieren, werden sie im Süden der Stadt am Manzanares «El Cholo», wie Simeone genannt wird, wohl definitiv ein Denkmal errichten.
Mögliche Aufstellungen:
Real Madrid – Atletico Madrid. – Giuseppe Meazza, Mailand. – 20.45 Uhr. – SR Clattenburg (ENG).
Real Madrid: Navas; Carvajal, Pepe, Ramos, Marcelo; Casemiro; Kroos, Modric; Bale, Benzema, Ronaldo.
Atletico Madrid: Oblak; Juanfran, Godin, Gimenez, Filipe Luis; Koke, Gabi, Fernandez, Niguez; Griezmann, Fernando Torres.
Bemerkung: Real Madrid ohne Varane (verletzt).