Der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik hat vor Gericht Einzelheiten des Massakers auf der Insel Utøya am 22. Juli vergangenen Jahres geschildert. Sein Anwalt Geir Lippestad hatte die Überlebenden und Hinterbliebenen im Vorfeld gewarnt, dass der Freitag „der härteste Tag“ des Prozesses werden dürfte.
Breivik berichtete von jedem der 69 Todesopfer, an das er sich erinnerte. „Einige stellten sich tot, da habe ich Gnadenschüsse abgefeuert“, sagte der Angeklagte.
„Jetzt oder nie“, habe er sich gedacht, als er die Insel als Polizist verkleidet betrat. Sein ganzer Körper habe sich gesträubt, als er die Waffe in die Hand nahm. „Da waren 100 Stimmen in meinem Kopf, die sagten: Tu es nicht, tu es nicht“, sagte Breivik.
Um das Attentat durchzustehen, habe er sich emotional vollständig abgekapselt, erklärte der 33-Jährige. „Man muss gefühlsmässig abgestumpft sein, das muss man trainieren.“ Bis 2006 sei er ein normaler Mensch gewesen. Danach habe er sich über mehrere Jahre „entmenschlicht“ und alle Emotionen abgelegt. Deswegen sei er jetzt auch zurechnungsfähig.
„Mentaler Schutzschild“
Auf die Frage eines Opferanwalts, warum er keinerlei Mitleid für seine Opfer zeige, erklärte Breivik: „Ich kann den mentalen Schutzschild ablegen, wenn ich will, aber ich mache es nicht, weil ich sonst nicht überleben würde.“
Nach seinem Massaker habe er kurz an Selbstmord gedacht, berichtete Breivik. Er habe überlegt, sich selbst in den Kopf zu schiessen, den Gedanken aber verworfen, um aus dem Gefängnis heraus weiter kämpfen zu können.
Er habe sich telefonisch ergeben wollen, sei bei der Polizei aber nicht durchgekommen. Bei einem zweiten Anruf habe er sich nicht ernst genommen gefühlt. Daher habe er weiter gemordet.
Viele Angehörige im Gerichtssaal hatten während der Aussage Breiviks die Augen geschlossen, die Hand vor den Mund geschlagen. Überlebende des Anschlags versuchten sich gegenseitig zu trösten.
Vorwurf an die Medien
Breivik sagte aus, er habe sich zu den Attentaten entschlossen, nachdem er alle „friedlichen Mittel“ zur Umsetzung seiner Ziele ausgeschöpft hatte. Die norwegischen Medien hätten ihm durch systematische Zensur seiner nationalistischen Ideologie keine andere Ausdrucksmöglichkeit als die Gewalt gelassen.