Wie es sich für einen Athleten seines Formats gehört, setzt sich Dario Cologna mit dem Gewinn des Gesamtweltcups für die neue Langlaufsaison das höchstmögliche Ziel.
Obschon Dario Cologna die wichtigsten Titel, die in seinem Sport vergeben werden, mindestens einmal errungen hat, vermag sich der Münstertaler weiterhin mühelos Jahr für Jahr für Grosstaten in den Langlauf-Loipen zu motivieren. Dass es ihm in der vergangenen Saison erstmals seit 2008 nicht gelungen ist, einen grossen Titel zu erringen, gibt ihm zusätzlichen Antrieb. Manchmal fehle eben nur sehr wenig, damit eine Saison von aussen in ein anderes Licht gerückt werde, gibt er zu bedenken.
In einem Winter ohne Grossanlässe wie Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele steht die am Freitag in Kuusamo (Fi) beginnende Saison ganz im Zeichen des Kampfs um die grosse Kristallkugel für den Sieg in der Weltcup-Gesamtwertung. «Um den Gesamtweltcup zu gewinnen, brauche ich in den Sprintrennen bessere Resultate als zuletzt», weiss der beste Langdistanz-Läufer der vergangenen Saison. Zwölf Sprints stehen im Weltcup-Kalender, was mehr als einem Drittel der Einzelrennen entspricht. In der letzten Saison musste der dreifache Olympiasieger bei Sprint-Entscheidungen viele Enttäuschungen hinnehmen. Schnellkraft- und Sprungtraining fehlten Cologna zu Saisonbeginn fast gänzlich. Es war ein Defizit, das sich während des letzten WM-Winters nicht mehr wettmachen liess. Dieser Saison blickt der 29-Jährige indes optimistisch entgegen: «Wenn ich eine solche Vorbereitung hatte wie in diesem Sommer, kam es im Winter immer gut.»
Die Highlights während der dreieinhalb Monate dauernden Weltcup-Saison sind die Tour de Ski zu Beginn des Jahres sowie Anfang März die erstmals stattfindende Tour Canada. Die Gesamtsieger werden jeweils in acht Etappen ermittelt. Wer im Gesamtweltcup ein gewichtiges Wort mitreden will, darf in den beiden Mehretappenrennen keine Schwächen zeigen. Den Erstplatzierten am Ende der beiden Tours werden 400 Punkte gutgeschrieben.
Im Kampf um die grossen Siege führt schwer ein Weg an Martin Johnsrud Sundby vorbei. Der 31-jährige Norweger musste an Titelkämpfen zuletzt zwar mehrmals Niederlagen verkraften, im Weltcup-Alltag war er in den vergangenen beiden Jahren jedoch der überragende Athlet. Sundby winkt deshalb die Chance, als erster Langläufer seit seinem Landsmann Björn Dählie (1997) zum dritten Mal in Folge die Overall-Wertung zu gewinnen.
Selbstredend gehört auch Petter Northug zu Colognas stärksten Konkurrenten. Anders als der Bündner und sein Landsmann Sundby zählt der eigenwillige Rekordweltmeister auch im Sprint zum engsten Kreis der Sieganwärter. Vor Saisonbeginn sorgte Northug für Aufregung, weil er zunächst – nicht zum ersten Mal – seine Unterschrift unter einen langfristigen Athletenvertrag verweigert hatte und lieber für einen privaten Sponsor werben wollte. Erwartungsgemäss haben sich die Wogen vor einem Monat aber geglättet. Northug einigte sich mit dem norwegischen Verband auf einen Dreijahresvertrag bis 2018, womit er im Weltcup starten darf.
Nach einer Saison ohne Podestplatz dürfte sich Alexander Legkow, der Tour-de-Ski-Sieger 2013, an der Weltspitze zurückmelden. Der Russe fiel nach dem Olympia-Triumph über 50 km in Sotschi in ein Leistungsloch und war im vergangenen Winter nur noch ein Schatten seiner selbst. Auf diese Saison hin engagierte Legkow als neuen Coach den Deutschen Markus Cramer, der bis zum Frühling 2010 während drei Jahren Cheftrainer bei Swiss-Ski gewesen war.
«Fast übermütig optimistisch»
Swiss-Ski setzte derweil im Betreuerteam um Cheftrainer Bärti Manhart, Teamchef Christian Flury und Weltcup-Coach Ivan Hudac auf Kontinuität. Die Vorbereitung auf die Saison ohne Grossanlässe wollte der Disziplinenchef Hippolyt Kempf als «Zeit für Experimente» nutzen; das Augenmerk galt insbesondere dem Höhentraining. Sechs der besten Schweizer Athleten versuchten herauszufinden, wie ihr Körper auf Höhentraining reagiert und welche Variante auf sie persönlich zugeschnitten ist. «Wir möchten auf die nächsten Grossanlässe hin mit Höhenblöcken arbeiten und die Athleten rund 300 Stunden in Höhenlagen trainieren und schlafen lassen», so Kempf.
Fortschritte durfte der Luzerner Langlauf-Chef in der Saisonvorbereitung nicht nur bei jüngeren Athleten erfreut zur Kenntnis nehmen, sondern auch bei den Arrivierten Toni Livers und Curdin Perl. Grosse Hoffnungen setzen die Verantwortlichen bei Swiss-Ski auf Jonas Baumann. Für den 25-Jährigen gilt es, sein im Sommer gezeigtes Potenzial auf den Schnee zu bringen.
Kempf blickt auf eine perfekte Vorbereitung zurück. Das Betreuerteam arbeite immer besser zusammen, zudem würden ihn die Leistungstests zuversichtlich stimmen. «Ich bin fast übermütig optimistisch und versuche, die Erwartungen etwas zu dämpfen.»