Der durch neue Vorwürfe in der Diesel-Affäre unter Druck geratene Autobauer Audi setzt sich zur Wehr. Bei den in dieser Woche gemeldeten «Auffälligkeiten» der Abgaswerte bei den Dieselmotoren von 24’000 Oberklassewagen handle es sich um einen technischen Fehler.
Es handle sich nicht um eine absichtliche Manipulation der Abgaswerte, sagte ein Sprecher des Unternehmens am Samstag in Ingolstadt. Betroffen sind nach Schilderung von Audi keineswegs alle in den Baujahren zwischen 2010 und 2013 ausgelieferten A7 und A8 mit Dieselmotor, sondern eine vergleichsweise geringe Zahl.
Bei diesen 24’000 Fahrzeugen ist der Ausstoss an gesundheitsschädlichen Stickstoffoxiden (NoX) höher als nach der Abgasnorm Euro 5 erlaubt. Laut Audi ist dafür die Getriebesoftware verantwortlich, die bei Automatikgetrieben die Schaltvorgänge regelt. Audi habe die Abweichungen selbst gemessen und dem Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) gemeldet. «Das KBA weiss seit vergangenem Montag Bescheid.»
Vorwürfe an Verkehrsminister
Der deutsche Verkehrminister Alexander Dobrindt hatte am Donnerstag bekannt gegeben, dass Audi eine «unzulässige Abgas-Software» in den Oberklasse-Modellen Audi A8 und A7 mit V6- und V8-Dieselmotoren verwendet habe. Audi-Chef Rupert Stadler beschuldigte daraufhin in der «Automobilwoche» Dobrindt, den Sachverhalt falsch dargestellt und sich mit der Veröffentlichung auf Kosten Audis profiliert zu haben.
«Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht», sagte Stadler. Die Informationen habe Audi den Behörden mitgeteilt. Dass die Behörden illegale Software «entdeckt» hätten, sei deshalb das falsche Wort. Dobrindts Äusserungen hatten unter anderem zur Folge, dass die Staatsanwaltschaft München II ihre Betrugsermittlungen gegen Unbekannt bei Audi ausgeweitet hat.
Der Rückruf der betroffenen Fahrzeuge soll im Juli beginnen, das genaue Datum steht noch nicht fest. Der Audi-Sprecher sprach von einem ehrgeizigen Zeitplan. Der Rückruf werde mit dem KBA abgestimmt.
Audi-Chef unter Druck
Stadler gerät wegen der neuen Erkenntnisse zunehmend unter Druck. In der VW-Spitze sei man verärgert über Stadler, hatte die Nachrichtenagentur dpa am Freitag aus dem Umfeld des Aufsichtsrats erfahren. Stadler müsse im Aufsichtsrat Stellung nehmen.
Ein VW-Sprecher sagte am Samstag, es sei die Pflicht des Aufsichtsrates, sich das Thema erklären zu lassen. Zu Medienberichten über eine mögliche Ablösung Stadlers sagte der Sprecher, Vorstand und Aufsichtsrat hätten «diese Diskussion zu Herrn Stadler nicht geführt».
Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» berichtete, VW wolle noch vor Ende des Jahres «ein Paket für den personellen Neuanfang in Ingolstadt schnüren», ohne Stadler an der Spitze.
Stadler steht wegen seiner Rolle bei der Aufarbeitung des Abgas-Skandals bereits länger in der Kritik. Dennoch war sein Vertrag vor kurzem erst um weitere fünf Jahre verlängert worden.