Die Banken weltweit bekommen vier Jahre mehr Zeit für den Aufbau billionenschwerer Liquiditätsreserven, mit denen sie in einer nächsten Bankenkrise eine Pleite vermeiden können.
Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht beschloss am Sonntag in Basel, dass die Banken die Mindest-Liquiditätsquote (LCR) schrittweise erst bis 2019 aufbauen müssen statt sie 2015 vollständig erfüllen zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt reichen nun 60 Prozent der Reserve.
Aufseher und Politiker hatten befürchtet, dass die Banken die Kreditvergabe einschränken und damit die Konjunktur abwürgen würden, wenn sie die LCR so früh wie geplant einhalten müssten. Denn Liquidität vorzuhalten, ohne sie für Kredite einsetzen zu können, ist teuer für die Institute.
„Die Übergangsfrist wird sicherstellen, dass der neue Liquiditätsstandard auf keinen Fall die Fähigkeit des globalen Bankensystems beeinträchtigen wird, die konjunkturelle Erholung zu finanzieren“, sagte der britische Notenbankchef Mervyn King.
Nach einer Erhebung des Basler Ausschusses fehlten den weltgrössten Instituten Ende 2011 noch rund 1,8 Billionen Euro an flüssigen Mitteln, um die LCR zu erfüllen. Zwei Drittel davon entfielen auf europäischen Institute.
Schrittweise Liquiditätserhöhung
Im Schnitt hatten die 102 weltgrössten Banken damals 91 Prozent der geforderten Liquiditätsreserven beisammen, rund 38 Prozent kamen allerdings auf weniger als 75 Prozent. Nun reicht es, wenn sie 2015 auf 60 Prozent kommen, danach wird die Latte jedes Jahr um zehn Prozentpunkte nach oben gesetzt.
Es ist das erste Mal, dass der für weltweit einheitliche Spielregeln bei den Banken zuständige Basler Ausschuss neben Kapitalvorschriften auch eine Mindest-Ausstattung an Liquidität vorschreibt.
Die Vorschriften sind eine Lehre aus der Finanzkrise. Damals waren zahlreiche Banken – wie Lehman Brothers oder die britische Northern Rock – nicht an zu wenig Kapital gescheitert, sondern daran, dass die Kapitalmärkte austrockneten und sie sich in der Krise am Markt kein Geld mehr beschaffen konnten oder dass Kunden blitzschnell ihre Einlagen abzogen.
Mit dem in der LCR vorgeschriebenen Reserven-Topf soll künftig jede Bank 30 Tage allein überleben können, ohne dass ihr das Geld ausgeht.
Die Aufseher schreiben auch vor, wie die Liquiditätsreserve aussehen muss. Denn sie muss im Notfall schnell zu Geld gemacht werden können. 60 Prozent davon müssen aus Barem, erstklassigen Staatsanleihen und anderen zentralbankfähigen Papieren bestehen.
Bis zu 40 Prozent dürfen es auch Unternehmensanleihen mit hoher Bonität, Hypothekenpapiere und bestimmte Aktien sein. Diese werden allerdings nur zum Teil angerechnet. Mit diesen Papieren müssen die in einer Krise innerhalb von 30 Tagen zu erwartende Mittelabflüsse abgedeckt sein.
Liquidität zur Chefsache gemacht
Um die LCR hatte es im Basler Ausschuss Streit gegeben. Am Wochenende hatten sich daher in Basel die Notenbankchefs und die Chefs der nationalen Aufsichtsbehörden aus den 27 Teilnehmer-Ländern unter dem Vorsitz von King getroffen. Sie fungieren als Überwachungsgremium für den Ausschuss.
„Die Vereinbarung ist eine klare Verpflichtung darauf, dass die Banken ausreichend flüssige Mittel halten, um zu verhindern, dass gleich wieder die Notenbanken einspringen müssen“, erklärte das Gremium.
Nach dem Kompromiss gilt für die Liquiditätsquote nun die gleiche Übergangsfrist wie für die Kapitalregeln von „Basel III“, dem Banken-Regelwerk, auf das der Ausschuss sich 2010 verständigt hatte.
2018 soll eine zweite Liquiditätsquote – die NSFR – in Kraft treten. Doch auch daran werde in den nächsten zwei Jahren noch geschraubt werden. Sie soll dafür sorgen, dass die Banken ihre langfristig ausgegebenen Kredite nicht mehr allzu kurzfristig refinanzieren. Diese Praxis hatte in der Finanzkrise Institute wie die Hypo Real Estate an den Rand des Abgrunds gebracht.