Die Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft hat keine Hinweise auf eine Beeinflussung der Strafverfolgungsbehörden durch die Politik im Fall des Flugzeugabsturzes von Würenlingen AG gefunden. Die These einer unzulässigen Beeinflussung erscheine auch nicht plausibel.
Bei dem Bombenanschlag auf eine Swissair-Maschine waren 1970 bei Würenlingen 47 Menschen gestorben. Die mutmasslichen Täter waren bekannt, kamen aber nie vor Gericht. Aus der Sicht von NZZ-Journalist Marcel Gyr könnte die Justiz von der Politik beeinflusst worden sein.
Der NZZ-Journalist hatte in einem Buch auch die These vertreten, der frühere SP-Bundesrat Pierre Graber habe ein geheimes Stillhalteabkommen mit der Palästinensischen Befreiungsfront (PLO) geschlossen.
Eine vom Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe fand jedoch keine Hinweise auf ein Geheimabkommen. Auch die Geschäftsprüfungskommission der eidgenössischen Räte (GPK) stützte dies und sah keinen weiteren Handlungsbedarf. Sie stützte sich unter anderem auf einem Bericht der Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft (AB-BA), der nun am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Keine Hinweise in den Akten gefunden
Die These einer möglichen Beeinflussung des Strafverfahrens im Zusammenhang mit dem Flugzeugabsturz von Würenlingen finde nicht nur keine Stütze in den Akten der Bundesanwaltschaft, sondern erscheine auch wenig plausibel. An den Ermittlungen seien neben der Bundesanwaltschaft auch die Staatsanwaltschaft Bülach ZH, die Kantonspolizei Zürich und die Flugunfall-Untersuchungskommission mit einer grossen Anzahl von Mitarbeitenden beteiligt gewesen.
Die Ermittlungen erfolgten zudem in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen ausländischen Behörden, insbesondere Deutschlands und Israels.
Eine politisch motivierte Einflussnahme auf den Gang der Untersuchung hätte deshalb zwingend koordiniert werden müssen, was in Berücksichtigung der Anzahl der involvierten Behörden und ihrer Mitarbeitenden innerhalb und ausserhalb der Schweiz wohl kaum möglich gewesen wäre und mit grosser Wahrscheinlichkeit zu Reaktionen geführt hätte, schreibt die AB-BA.
Haftbefehle noch heute aktuell
Die schweizerischen Haftbefehle gegen die beiden mutmasslichen Urheber seien erst mehr als zwanzig Jahre nach der Tat aufgehoben worden und zwar aus dem einzigen Grund der eingetretenen Strafvollstreckungsverjährung.
Und selbst die von der damaligen Bundesanwältin Carla Del Ponte nach der erneuten Aufnahme der Ermittlungen 1995 neu ausgestellten internationalen Haftbefehle seien auch nach der im Jahr 2000 erfolgten Einstellung des Verfahrens ausdrücklich in Kraft und dürften heute noch aktuell sein, heisst es.
Wäre aus politischen Motiven mit dem Ziel einer Verfahrensvereitelung auf die Bundesanwaltschaft eingewirkt worden, hätte wohl als erstes zwingend auf eine Revokation der Haftbefehle und der internationalen Ausschreibungen eingewirkt werden müssen, schreibt die AB-BA.
Denn solange diese in Kraft stehen, sei es unabsehbar und insbesondere von den schweizerischen Behörden nicht beeinflussbar, in welchem Land, von welcher Behörde und unter welchen Begleitumständen eine Festnahme der beiden mutmasslichen Täter erfolgen könnte.
Die AB-BA weist auch darauf hin, das nach den damals und auch heute noch geltenden strafprozessualen Grundsätzen die rechtichen Voraussetzungen für die Durchführung eines Abwesenheitsverfahrens ebenfalls nicht gegeben seien.