Sollte die 1:12-Initiative angenommen werden, wären 1200 Unternehmen betroffen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). Wie sich das Volksbegehren auswirkt, lässt sich aus Sicht der KOF nicht beantworten.
Damit wird erstmals eine unabhängige Studie präsentiert, die keine Nähe zu Gegnern oder Befürwortern aufweist oder von ihnen in Auftrag gegeben wurde. Im Gegensatz zu anderen Studien hat die KOF nicht mögliche Szenarien berechnet, sondern untersucht, wer konkret von der Initiative betroffen wäre.
Auf der Grundlage von Lohndaten aus dem Jahr 2010 kommt die KOF in ihrer am Freitag präsentierten Studie zum Schluss, dass in rund 1200 Unternehmen ein Chef über 12 Mal mehr verdient als der schlechtest bezahlte Mitarbeiter. Gemäss der letzten Betriebszählung 2008 gab es schweizweit rund 313’000 Unternehmen.
Lohnspanne durchschnittlich im Verhältnis 1:2
Gemäss der KOF-Berechnung liegt die Lohnobergrenze nach der Annahme der Initiative bei 664’000 Franken. Aktuell liegen demnach 4400 Spitzenverdiener über dieser Grenze, schreibt die KOF. Wendet man diese Obergrenze auf ihre Gehälter an, würden 1,5 Milliarden Franken an Löhnen freiwerden – was 0,5 Prozent der gesamten Lohnsumme in der Schweiz entspricht.
Höchst ungleich verteilte Löhne seien indes eine Ausnahmeerscheinung, bilanziert die KOF. Durchschnittlich betrage die Lohnspanne in Schweizer Unternehmen 1:2,2. Höhere Spannen kommen vor allem in Firmen in der Finanz- und Versicherungsbranche, in Grosshandel, Unternehmensberatung und Gesundheitswesen vor.
Aussagen über Wirkung spekulativ
Vorsichtig äussert sich die KOF-Studie zu den möglichen Auswirkungen auf die Sozialwerke. Vorausgesetzt, dass die freiwerdende Lohnsumme in keiner Form der AHV zugute käme, schätzt die KOF die Einbussen bei der 1. Säule auf 125 Millionen Franken.
Unmöglich zu quantifizieren ist laut der Studie, wie die Unternehmen nach einem Ja zur 1:12-Initiative reagieren. Es gebe schlicht keine Vergleichsfälle. Allgemeine Aussagen über die Wirkung der Initiative wären deshalb spekulativ, schreibt die KOF.
Bislang wollte auch der Bundesrat kein Szenario dazu errechnen, welche Folgen ein Annahme der Initiative hätte. Es gebe zu viele Unsicherheitsfaktoren, hatte er in der Antwort auf eine Interpellation aus dem Nationalrat Mitte September festgehalten.
Unterschiedliche Szenarien
Die KOF-Studie kommt nur einen Tag nach der Präsentation einer Studie des Think Tanks «Denknetz», das mit der JUSO und der 1:12-Initiative eng verbunden ist. So ist etwa der Studienautor Mitglied des Initiativkomitees.
Diese Studie gelangt zum Schluss, dass sich bei einer Annahme der 1:12-Initiative die positiven und negativen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen fast die Waage halten.
Dagegen kam eine Studie der Hochschule St. Gallen (HSG) im Auftrag des Schweizerischen Gewerbeverbandes zum Ergebnis, dass der Bund bei einem Ja auf bis zu vier Milliarden Franken verzichten müsste.