Die tausenden gemeinnützigen Stiftungen in der Schweiz könnten noch wirkungsvoller und professioneller tätig sein. Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse stellte am Dienstag in Zürich eine Studie zum hiesigen Stiftungswesen vor und unterbreitete Reform-Vorschläge.
Rund 12’900 gemeinnützige Stiftungen mit einem geschätzten Gesamtvermögen von mehr als 70 Milliarden Franken gibt es gemäss Avenir Suisse in der Schweiz. Ihre jährlichen Projekt-Beiträge belaufen sich auf 1,5 bis 2 Milliarden, auch dies ist ein Schätzwert. Allein seit 2010 kam es zu rund 20 Grossspenden im zweistelligen Millionen-Franken-Bereich.
Avenir Suisse unterstreicht die überaus wichtige Funktion der gemeinnützigen Stiftungen. Die Denkfabrik ortet aber auch verschiedene Defizite.
Das Stiftungswesen sei stark verzettelt, heisst es in der Studie. 85 Prozent der Stiftungen hätten ein Vermögen von weniger als fünf Millionen Franken, 80 Prozent beschäftigen keine bezahlten Mitarbeitenden. Dennoch komme es praktisch nie zu Fusionen und auch Zusammenarbeit werde klein geschrieben.
Zudem sei die Transparenz gering, die Datenbasis schlecht entwickelt und als Folge der BVG-Strukturreform sei die Struktur der kantonalen Stiftungsaufsichten unübersichtlich.
Entflechtung der Aufsichten
Die Avenir-Suisse-Reformvorschläge setzen auf verschiedenen Ebenen an. Empfohlen werden unter anderem eine Trennung der kantonalen Aufsichten für gemeinnützige Stiftungen von jenen für Vorsorgestiftungen und ihre Bündelung in regionalen Verbänden. Mit der Schaffung eines nationalen Stiftungsregisters könnte das Bundesamt für Statistik der mangelhaften Transparenz entgegentreten.
Zur Vorbeugung von Missbräuchen wären Ergänzungen im Stiftungsrecht angezeigt, etwa ein erweitertes Aufsichtsbeschwerderecht oder Massnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten. Die Möglichkeit, grosse Spenden über mehrere Jahre verteilt steuerlich abziehen zu können, wäre zudem eine interessante Option für Spender.
Aber auch die Stiftungen selbst sollten sich nach Ansicht von Avenir Suisse bewegen. Anreizen könnten Ministiftungen zum Fusionieren oder zumindest Kooperieren bewegen. Dachstiftungen könnten Kräfte bündeln und den administrativen Aufwand senken.
Ausschüttungsquote
Manche Ideen holt Avenir Suisse aus dem Ausland: Im Unterschied zu Deutschland, Österreich und Liechtenstein gebe es in der Schweiz etwa noch kaum öffentlich-rechtliche Stiftungen. In solche könnten staatliche Funktionen ausgelagert werden.
Als Option sieht die liberale Denkfabrik auch eine staatlich vorgeschriebene Ausschüttungsquote. Beispielsweise in den USA müssten gemeinnützige Stiftungen jährlich mindestens 5 Prozent ihres Vermögens für den Stiftungszweck aufwenden – inaktive Stiftungen, von denen es in der Schweiz laut Studie recht viele gibt, würden so verhindert.
Auf Entwicklungen in den USA zurück geht auch «eine der weltweit wichtigsten philanthropischen Initiativen der letzten Jahre», so Avenir Suisse. 2010 wurde dort die Kampagne «Giving Pledge» lanciert: Milliardäre verpflichten sich selbst, mindestens die Hälfte ihres Vermögens zu spenden.
Mittlerweile haben dies weltweit 127 Personen oder Familien getan, 100 davon aus den USA. Als bisher einziger Schweizer trat laut Avenir Suisse dieses Jahr der Berner Unternehmer und Synthes-Gründer Hansjörg Wyss bei.