Das bedingungslose Grundeinkommen erhält Kritik von Avenir Suisse. Die wirtschaftsfreundliche Denkfabrik spricht von einer «ungerechten, unsozialen und geradezu unmoralischen» Idee.
Bei der wirtschaftsfreundlichen Denkfabrik Avenir Suisse erntet die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen nur Kopfschütteln. Die Vorlage sei absurd, ungerecht, unsozial und geradezu unmoralisch. Profitieren würden nur jene, die keine Lust auf Arbeit hätten.
Er sei immer wieder überrascht, wenn nicht sogar schockiert darüber, wie viele Leute Sympathien für das bedingungslose Grundeinkommen hegten, sagte Avenir-Suisse-Direktor Gerhard Schwarz am Dienstag vor den Medien in Zürich.
«Die Unterstützung kommt nicht nur aus linken Kreisen, sondern auch von Liberalen, die von sich behaupten, etwas von Wirtschaft zu verstehen.» Diese Leute würden wohl einem «etwas naiven Glauben an eine Fundamentalreform» nachhängen.
Normalerweise mischt sich Avenir Suisse nicht in Abstimmungskämpfe ein. In diesem Fall müsse man aber eine Ausnahme machen, weil diese Vorlage nicht nur besonders absurd, sondern auch besonders gefährlich sei. «Das Grundeinkommen würde unsere Wirtschaftsordnung aus den Angeln heben», sagte Schwarz. Gleichzeitig halte es kein einziges seiner Versprechen.
Zweiklassengesellschaft als Folge
Nach Ansicht von Avenir Suisse würden nur jene profitieren, die zwar arbeiten könnten, aber nicht wollten, sprich: die Faulen. Sie würden sich mit den 2500 Franken zufriedengeben, während ein bedeutender Teil der Schweizerinnen und Schweizer wohl weiterarbeiten würde.
Schliesslich sei ein Grundeinkommen von 2500 Franken für ein «menschenwürdiges Leben» doch eher knapp. Langfristig führe das zu einer Zweiklassengesellschaft, heisst es in den «Standpunkten» zum Grundeinkommen, die am Dienstag veröffentlicht wurden.
Die Gesellschaft würde sich in einen nicht arbeitenden Teil und in einen arbeitenden Teil spalten, wobei auch die Arbeitenden ihr Pensum über kurz oder lang reduzieren würden. Dass die viele Freizeit plötzlich neue, kreative Energien freisetzt und glücklicher macht, hält Avenir Suisse eher für unwahrscheinlich.
Vor allem auf junge Leute hätte das Grundeinkommen geradezu verheerende Auswirkungen. «Wofür noch eine Ausbildung absolvieren, wenn es ab dem 18. Lebensjahr sowieso jeden Monat 2500 Franken auf das Konto gibt?», fragt Avenir Suisse. Die selbstgewählte Arbeitslosigkeit führe aber langfristig aufs Abstellgleis.
Abstimmung im Jahr 2015 oder 2016
Unfair sei das Konzept vor allem für jene, die auf die Sozialversicherungen angewiesen seien, etwa Stellensuchende oder IV-Bezüger. Weil bei einer konsequenten Umsetzung alle Sozialversicherungen abgeschafft würden, bliebe den Betroffenen nur noch das viel tiefere Grundeinkommen.
Insgesamt würde das Grundeinkommen zu Ausgaben in der Höhe von rund 200 Milliarden Franken führen. Zieht man davon die Ausgaben für die Sozialversicherungen ab, die ja abgeschafft würden, bleibt gemäss Avenir Suisse eine Lücke von 130 Milliarden Franken. Um diesen Betrag zu erwirtschaften, müsste die Mehrwertsteuer auf 80 Prozent angehoben werden. Höhere Preise wären die Folge – und dann reichen gemäss Avenir Suisse die 2500 Franken ohnehin nicht mehr. Über die Initiative wird 2015 oder 2016 abgestimmt.