Aymo Brunetti, der frühere Chefökonom des Staatssekretariats für Wirtschaft, macht sich Sorgen um die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Politischen Druck auf die Notenbank hält Brunetti für «fatal in einer derart schwierigen Situation».
Die SNB brauche in den nächsten Jahren vollen Rückhalt, damit sie auch unpopuläre Massnahmen durchsetzen könne, sagt Brunetti in einem Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag».
Die Argumente der SNB für die Aufhebung der Euro-Untergrenze könne er gut nachvollziehen. «Man kann über den Zeitpunkt streiten, die Umsetzung war aber kaum anders machbar», sagt der Professor für Wirtschaftspolitik und Regionalökonomie an der Universität Bern. Seither mache die Nationalbank deutlich, dass sie eine extreme Aufwertung des Frankens nach wie vor verhindern werde.
Es gehe nicht darum, dass man die Geldpolitik der SNB nicht hinterfragen dürfe. Gefährlich wäre aber, wenn die Politik ihren Einfluss auf die Notenbank ausüben würde, warnt Brunetti.
«Völlig verfehlt sind meines Erachtens die Forderungen nach einer Vergrösserung oder einer in irgendeiner Form politisch bestimmten Zusammensetzung des dreiköpfigen SNB-Direktoriums», sagt der Ex-Chefökonom des Bundes. Auch eine Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle hält er für falsch.
In der globalen Geldpolitik hält er eine Zinswende für überfällig. Entscheidend seien aber die USA. «Es ist eine schlechte Nachricht, dass die US-Notenbank weitere Zinserhöhungen immer wieder hinausschiebt», sagt Brunetti. «Ohne ein Vorangehen der USA sind Europa und erst recht der Schweiz wegen des Wechselkurses die Hände gebunden.»