Der französische Premierminister Jean-Marc Ayrault hat mit einer flammenden Rede an die Europakritiker in den eigenen Reihen für eine breite Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt geworben. Das Vertragswerk werde die Souveränität des Landes nicht einschränken.
Es diktiere weder die Höhe der öffentlichen Ausgaben, noch sage es, wie der Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt beschritten werden solle, sagte der Regierungschef am Dienstag vor der Nationalversammlung.
In den Reihen der Sozialisten und anderer Parteien aus dem linken Lager hatte sich in den vergangenen Tagen Widerstand gegen den Fiskalpakt formiert. Die dort verankerte Schuldenbremse wird nach Auffassung der Kritiker den Handlungsspielraum der sozialistischen Regierung unter Präsident François Hollande stark einengen und zu einer langandauernden Rezession führen.
Bei der Abstimmung in der Nationalversammlung in der kommenden Woche müssen die Sozialisten deswegen fürchten, auf Stimmen der grössten Oppositionspartei UMP angewiesen zu sein. Deren frühere Führungsfigur Nicolas Sarkozy hatte den europäischen Fiskalpakt in seiner Zeit als französischer Präsident ausgehandelt.
Verständliche Zweifel
„Ich verstehe die Zweifel“, sagte Ayrault nun vor den Abgeordneten. Ein französisches „Nein“ würde allerdings eine politische Krise und den Zerfall der Währungsunion zur Folge haben. „Ohne Europa wären wir isoliert und schwach“, warnte Ayrault.
Der Premierminister hob besonders das enge Bündnis mit Deutschland hervor. „Die Geschichte Frankreichs in Europa wurde lange von einer Politik gegen die Nachbarn geprägt. Sie wird nun mit den Nachbarn geschrieben, vor allem mit Deutschland“, sagte Ayrault.
Präsident Hollande werde sich weiter für ein sozialeres Europa mit mehr Wachstumsförderung einsetzen, sagte Ayrault. Mittel dazu sei die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion. Frankreich sei weiterhin dafür, dass in Zukunft ein Teil der Schulden in Europa durch Eurobonds vergemeinschaftet werde.
Die Regierung will den Fiskalpakt bis Ende des Monats ratifiziert haben. Die Abstimmung in der Nationalversammlung ist für die kommende Woche angesetzt. Danach muss noch der Senat zustimmen.
In Frankreich bildet sich seit einigen Wochen verstärkt Widerstand gegen die Sparpolitik. Bei einer Demonstration linker Gruppen in Paris protestieren nach Veranstalterangaben am Sonntag rund 80’000 Menschen.