Bäume treiben gemäss einer internationalen Studie ihre Blätter im Frühling nicht in dem Mass früher aus, wie die Temperaturen mit dem Klimawandel steigen. Dies hat nicht nur für den Wald Folgen.
Der Zeitpunkt, wann die Blätter im Frühling austreiben, beeinflusst zum Beispiel die Konkurrenz unter den Bäumen und damit die langfristige Artenzusammensetzung des Waldes. Ausserdem bewirkt ein früherer Blattaustrieb im Frühling, dass der Wald mehr Photosynthese betreiben und somit mehr des Klimagases CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen kann.
Die in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlichten Resultate stammen von 30-jährigen Beobachtungsreihen in verschiedenen Ländern Europas. An dieser Arbeit war auch der Biologe Yann Vitasse vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF und der Universität Neuenburg beteiligt.
Untersucht wurde die Beziehung zwischen Temperatur und Blattaustreiben bei Buchen, Eschen, Birken, Rosskastanien, Schwarzerlen, Winterlinden und Stieleichen an über 1200 Standorten in Europa. In der Regel treiben diese Bäume je nach Art um 2 bis 6 Tage früher aus, wenn es um ein Grad wärmer wird, erklärte Vitasse in einer Mitteilung der beiden Institutionen.
Gestörte Winterruhe
Die Resultate zeigten, dass die Blätter zwischen 1980 und 1994 im Schnitt pro Grad steigender Durchschnittstemperatur 4 Tage früher austrieben. Zwischen 1999 und 2013 waren es hingegen nur noch 2 bis 3 Tage, oder 40 Prozent weniger früh.
Die Forscher erklären dies damit, dass wegen wärmerer Herbsttemperaturen bei vielen Baumknospen die Winterruhe nicht ausgelöst wird, für die eine Kälteperiode im Herbst nötig ist. Ansonsten ruhen die Knospen nur teilweise. Der Baum benötigt dann in der Summe mehr Wärme und muss entsprechend länger warten, bis er seine Blätter entfalten kann.
Zudem steuert auch die Tageslänge das Austreiben der Blätter, was Bäume vor Spätfrost schützt. Diese sogenannte Photoperiode könnte dem immer früheren Blattaustreiben entgegen wirken. Unter dem Strich bedeuten die Resultate laut den Forschern, dass sich die steigende Kohlenstoffaufnahme in den Wäldern Europas in Zukunft verlangsamen könnte und sie damit weniger CO2 aus der Atmosphäre entfernen als angenommen.