Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV hat am Dienstag zu einer Protestkundgebung gegen das Sparprogramm «RailFit20/30» der SBB aufgerufen. Zeitgleich mit der Demonstration vor dem Berner Hauptsitz des Unternehmens fanden Verhandlungen mit der SBB-Direktion statt.
Der Protest der Sozialpartner richtet sich insbesondere gegen den geplanten Abbau von 1400 Stellen bis im Jahr 2020. Dies gefährde die Sicherheit des Betriebes ernsthaft und verschlechtere die Qualität des Service public, schreibt die SEV in einer Medienmitteilung.
Die Forderungen des SBB-Personals seien klar: Es brauche wieder Menschen in den Bahnhöfen und in den Zügen. Mit der Streichung von 1400 Stellen verfolge die SBB eine Strategie der Entmenschlichung. Ausserdem werde mit dem Personalabbau die Sicherheit des Bahnnetzes und die Qualität des Service aufs Spiel gesetzt, da in den nächsten Jahren mit einer Verkehrszunahme zu rechnen sei.
Kritisiert wurde auch die vorgesehene Lohnsenkung für alle Angestellten. Die Direktion will dem Personal ab 2017 0,8 Prozent des Lohnes abziehen. Das bedeute mehrere hundert Franken pro Jahr. «Diese Senkung trifft die Mitarbeitenden mit tiefen Löhnen mit voller Wucht, also jene, für die jeder Franken zählt», wird SEV-Vizepräsident Manuel Avallone im Communiqué zitiert.
Nach Angaben der SEV nahmen rund 300 Personen an der Kundgebung in Bern-Wankdorf teil. Ob es zu weiteren Aktionen komme, hänge davon ab, wie entgegenkommend sich die SBB-Direktion zeige.
Die erste Verhandlungsrunde zwischen SBB und Gewerkschaften sei beendet, sagte SEV-Sprecher Vivian Bologna am späten Dienstagabend auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Zum Inhalt konnte er noch nichts sagen. Weitere Gespräche mit den Sozialpartnern seien für Donnerstag geplant.
Demo im Tessin
In den vergangenen Wochen fanden laut der SEV in der ganzen Schweiz insgesamt acht Personalversammlungen und Kundgebungen statt. So etwa vergangene Woche in Airolo TI, wo Bahnmitarbeitende gegen Einsparungen demonstrierten. Der Tessiner Sektion ist ein Dorn im Auge, dass die Züge auf der alten Gotthard-Bergstrecke in Zukunft ohne Begleitpersonal auskommen sollen.
Dies ist in den Augen der SEV unverantwortlich, weil so bei Notfällen wie Bränden oder Pannen in Tunneln nicht mehr die Sicherheit der Bahnreisenden garantiert werden könne.
Abbau bei Sozialleistungen
Die SBB stellte ihr Sparprogramm «RailFit20/30» Ende September vor. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, will die Bahn langfristig die Preise senken. Dafür muss sie jetzt schon kräftig sparen: 1400 Stellen sollen bis 2020 abgebaut und die Kosten jährlich um 1,2 Milliarden Franken gesenkt werden.
Trotzdem will der «RailFit»-Projektleiter nicht von einem Ab- sondern von einem Umbau sprechen. Denn gleichzeitig würden auch 200 neue Stellen geschaffen, vor allem bei der Reinigung und beim Zugpersonal. Entlassungen soll es nur wenige bis keine geben.
Um die SBB für die Zukunft fitzumachen, sollen jedoch alle SBB-Mitarbeitenden zur Kasse gebeten: Denn zum «RailFit»-Programm gehört auch ein Abbau der Sozialleistungen: Die Angestellten sollen in Zukunft die Hälfte der Risikobeiträge für die Pensionskasse selber übernehmen. Dadurch erhielten sie Netto 0,8 Prozent weniger Lohn.