Nach dem schweren Zugunglück an Italiens Adriaküste verdichten sich die Hinweise, dass eine Verknüpfung von technischen Mängeln und menschlichem Versagen zum Unglück führte. Einer der Bahnhofsvorsteher räumte einen fatalen Fehler ein.
Beim Zusammenstoss zweier Passagierzüge am Dienstag waren 23 Menschen ums Leben gekommen. «Ich war es, der den Zug losgeschickt hat, ich habe die grüne Scheibe gehoben, es gab Verwirrung, die Züge waren verspätet», zitierte die italienische Zeitung «La Stampa» den Bahnhofsvorsteher von Andria.
Die Tragödie hatte sich bei Bari auf einem eingleisigen Streckenabschnitt zwischen Corato und dem etwa zehn Kilometer entfernten Andria ereignet. Die Bahnhofsvorsteher der beiden Orte müssen sich stets telefonisch darüber verständigen, welcher Zug Vorfahrt hat.
Wie «La Stampa» weiter berichtete, warteten offenbar drei Züge – einer mehr als üblich – auf die Fahrerlaubnis, was möglicherweise zur Verwirrung am Bahnhof in Andria beigetragen habe. Aber auch der Bahnhofsvorsteher von Corato ist im Visier der Justiz, weil er sich nach Vorschrift ebenfalls vergewissern muss, ob die Strecke frei ist, bevor ein Zug seinen Bahnhof verlässt.
Genauere Informationen zur Unglücksursache dürfte die Auswertung der Unfalldatenschreiber der beiden Züge bringen, die mittlerweile geborgen wurden. Mindestens einer der beiden Züge soll mit hoher Geschwindigkeit unterwegs gewesen sein. Beide Lokführer sind beim Unglück ums Leben gekommen.
Menschen mussten entscheiden
Bereits am Mittwoch war bekannt geworden, das womöglich ein mangelhaftes Sicherheitssystem das Unglück mit verursacht haben könnte. Verkehrsminister Graziano Delrio bezeichnete das Signalsystem auf der eingleisigen Strecke bei Bari als eines der «riskantesten», weil die Kontrolle bei Menschen liege.
Die Ermittler gehen zudem der Frage nach, weshalb es trotz verfügbarer EU-Mittel zu erheblichen Verzögerungen bei der Modernisierung der eingleisigen Strecke kam.
Das Begräbnis der Opfer ist für Samstagvormittag geplant. Die Toten sind alle Italiener. In der Stadt Andria, aus der die meisten Opfer stammten, wurde eine dreitägige Trauer ausgerufen. 24 Personen seien noch im Spital, acht davon in kritischem Zustand, berichteten die Behörden.