Drei Studenten wollen Insekten als Nahrung salonfähig machen. Das ist nicht so einfach. Das Schwierigste ist nicht, die Konsumenten vom Insektenverzehr zu überzeugen, es sind die bürokratischen Hürden, die am meisten zu schaffen machen.
Wenn Christian Bärtsch zum Essen lädt, sollte man auf einiges gefasst sein. Da gibt es zum Beispiel frittierte Heuschrecken mit Rüebli-Salat, oder Brotaufstrich mit Maden aus der hauseigenen Zucht. Das klingt gewöhnungsbedürftig, doch in einigen Jahren könnte es zum Standardsortiment von Lebensmittelgeschäften gehören.
Die drei Insektenfreunde Stefan Schultze, Matthias Grawehr und Christian Bärtsch haben im Berufsleben wenig mit Kleintieren zu tun. An einem feuchtfröhlichen Abend kam ihnen die Idee, wie sie die Welt verändern könnten. Die Fleischproduktion verschlingt Unmengen an Ressourcen. Für ein Kilo Lammfleisch werden 10’000 Liter Wasser verbraucht. Dazu kommen CO2-Emissionen und der Weidebedarf. Da ist die Zucht von Insekten doch etwas einfacher.
«Es ist viel effizienter als die normale Fleischproduktion», erklärt Bärtsch. «Es sind zirka 2000 essbare Insektenarten bekannt – ein ungeheures Geschmackspotenzial also.» Im weltbekannten Gourmetrestaurant «Noma» in Kopenhagen kämen regelmässig Insekten auf den Teller.
Älpler assen früher Maienkäfer
Vom Prinzip her ist das nichts Neues. Zirka zwei Milliarden Menschen essen bereits Insekten, erklärt Bärtsch. Und die Insekten seien nicht Notnahrung, weil die Menschen nichts anderes haben. «Nein, Insekten sind Delikatessen und häufig teurer als andere Fleischprodukte.» Selbst in der Schweiz haben Bergbewohner früher Insekten gegessen – zum Beispiel Maienkäfer-Suppe.
Vor einigen Jahren erklärten die Vereinten Nationen, der Welthunger liesse sich mit Insektenkonsum bekämpfen. Insekten liefern wertvolle Eiweisskomponenten und können ohne grossen Aufwand gezüchtet werden.
Studenten und Insekten-Freunde: Stefan Schultze, Matthias Grawehr, Christian Bärtsch (von links). (Bild: Christian Bärtsch)
Im März war Bärtsch mit dem von ihm gegründeten Verein «Essento» auf Besuch im Bundeshaus. Haben die Parlamentarier bei Insekten-Burgern zugegriffen? «Manche Nationalräte kamen viermal vorbei, weil es ihnen so gut geschmeckt hat», so Bärtsch.
Nur im Privaten erlaubt
Dass Insekten für viele eklig aussehen, ist also nicht das Problem. «Die grössten Schwierigkeiten haben wir zurzeit mit der Zulassung.» Die Lebensmittelvorschriften sind in der Schweiz sehr restriktiv. Es gibt eine Liste mit zugelassenen Lebensmitteln, die kommerziell vertrieben werden dürfen – und die Insekten stehen nicht darauf.
Deshalb dürfen die Insektenesser von «Essento» im Moment nur im privaten Bereich ihren exotischen Essgewohnheiten frönen. Verkaufen dürfen sie die Insektennahrung nicht.
Bärtsch hofft, dass es in einigen Jahren mit dem Verkauf losgehen kann. Dann könnten die ersten Heuschrecken auf der Speisekarte im Restaurant stehen – ob die Besucher dann die «Mehlwurm-Suppe» bestellen, oder bei ihrem «Gazpacho» bleiben, wird sich zeigen.