Im Kampf gegen eine Kreditklemme flutet die Europäische Zentralbank (EZB) die Märkte erneut mit billigem Geld. Die von der Schuldenkrise gebeutelten Banken leihen sich die Rekordsumme von 529,5 Mrd. Euro für den aussergewöhnlich langen Zeitraum von bis zu drei Jahren.
800 Institute greifen zu und damit fast 300 mehr als beim ersten Geschäft dieser Art kurz vor Weihnachten, wie die EZB am Mittwoch in Frankfurt mitteilte. Die Währungshüter wollen vor allem eines: Das Misstrauen der Banken untereinander mit einer sicheren Geldspritze aus der Welt schaffen.
Statt sich gegenseitig Geld zu leihen, wenden sie sich viele Banken an die EZB. Die Sorge ist, dass Banken die flüssigen Mittel ausgehen und sie den Kredithahn zudrehen könnten. Das würde die ohnehin schwächelnde Konjunktur abwürgen.
Vor allem Banken aus Euro-Krisenstaaten wie Italien und Spanien hatten zuletzt Probleme, sich anders als bei der Zentralbank frisches Geld zu besorgen. Vor dem Dreijahresgeschäft vom Mittwoch war am Markt vereinzelt die Erwartung kolportiert worden, die Geldhäuser könnten sich auf einen Schlag bis zu eine Billion Euro pumpen.
Total über eine Billion
Netto kommen nach Berechnung von Analysten von dem neuen Geld nur 310 Mrd. Euro zusätzlich im Finanzsystem an. Der Rest wurde aus anderen Geschäften mit der EZB umgeschichtet. Anders als im Dezember sollen diese Mal verstärkt auch kleinere Banken zugegriffen haben.
Im Dezember hatten sich 523 Geschäftsbanken 489,2 (netto: 210) Mrd. Euro für drei Jahre von der Zentralbank geborgt. Beide Geschäfte, die sich zusammen auf über eine Billion Euro belaufen, werden zum Festzins von 1,0 Prozent abgewickelt. Der Satz ist an den Leitzins der EZB gekoppelt, der auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent liegt.
Nebeneffekte
Ausserdem geht die Angst vor Nebenwirkungen um: Einige Finanzexperten warnen, dass die EZB und andere Notenbanken mit ihrer freizügigen Geldvergabe den Preisanstieg bei Öl und anderen Rohstoffen zu einem grossen Teil zu verantworten haben. Es drohe Inflationsgefahr, falls die EZB die Hilfen nicht so schnell wie möglich wieder zurückfahre.
Ein angenehmer Nebeneffekt des Dreijahresgeschäfts für die Währungshüter ist, dass viele Banken von dem Geld Staatsanleihen kaufen. Seit der ersten grossen EZB-Geldspritze im Dezember hat sich die Situation an den europäischen Anleihemärkten deutlich entspannt. Damit geriet die EZB aus der Schusslinie, weil sie ihr umstrittenes Anleihenkaufprogramm zurückführen konnte.