Berlin hat einen neuen Konzertsaal: Zur Eröffnung am Samstagabend begrüsste Dirigent Daniel Barenboim das Publikum im obersten Rang des ellipsenförmigen Pierre-Boulez-Saals – mit sieben Blechbläsern im Rund. Kurz danach sass er für ein Mozart Quartett am Flügel.
Die wechselnden Klang- und Sichterlebnisse gehören zum Clou des neuen Konzertsaals, den der amerikanischen Architekt Frank Gehry für das frühere Kulissendepot der Berliner Staatsoper Unter den Linden entworfen hat. Die deutsche Hauptstadt verdanke dieses Haus der guten Beziehung zwischen Berlin und Daniel Barenboim, sagte Bundespräsident Joachim Gauck zur Eröffnung.
Barenboim ist Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper. Der Konzertsaal, der den Namen des französischen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez (1925-2016) trägt, steht nicht allein. Er ist Teil der von Barenboim gegründeten Musikakademie, die Musikstudenten aus der arabischen Welt und Israel zusammenbringt.
Ausserhalb ihrer von Konflikten gezeichneten Heimat im Nahen Osten sollen die angehenden Profimusiker sich in Berlin gegenseitig zuhören und von den jeweils anderen lernen. Bis zu 90 Studenten sollen in der Barenboim-Said-Akademie ausgebildet werden und gemeinsam musizieren.
Viel politische Prominenz zur Eröffnung
Zur Eröffnung kamen neben Gauck, dem deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kulturstaatsministerin Monika Grütters zahlreiche Politiker.
Barenboim nahm seine Solisten, darunter auch seinen Sohn und Violinisten Michael, nach einem Kammerkonzert von Alban Berg in den Arm. Das Publikum dankte mit langem Beifall. Auch das Verbeugen in einem eiförmigen Saal will geübt sein: Manche Musiker machten einmal die Runde – um keinen Teil der Zuhörer zu vernachlässigen.
Neben dem holzvertäfelten Konzertsaal mit 680 Plätzen, durch den wie von Geisterhand bewegt Mikrofone und eine Kamera schweben, hat das Gebäude einen modernen Treppenhaus-Einbau erhalten. Auf den Ebenen sind die alten Stahlträger und Türen des Kulissendepots als ein Stück Industriearchitektur geblieben.
Namensgeber Boulez, dessen Musik als erstes Stück am Eröffnungsband erklang, hatte traditionelle Konzertsäle gern als «Schuhschachteln» kritisiert und sich eine Aufhebung der Barrieren zwischen Musikern und Publikum gewünscht.
Akustiker wie in der Elbphilharmonie
Für die Akustik sorgte der Japaner Yasuhisa Toyota, der unter anderem für den Klang der Hamburger Elbphilharmonie verantwortlich zeichnet. Scherzhaft wird der ungewöhnliche neue Saal deshalb bereits «Berlins kleine Elbphilharmonie» genannt.
Finanziert wurde der Umbau mit 21,4 Millionen Euro vom Staat, den Rest der Gesamtkosten von 35,1 Millionen Euro steuerten Sponsoren bei. Gehry, der unter anderem das Guggenheim-Museum in Bilbao entwarf, hat seinen Entwurf kostenlos zur Verfügung gestellt.
Das Programm des Eröffnungswochenendes führt unter Barenboims Leitung durch verschiedene Epochen der Musik. Neben Boulez, Mozart und Berg erklangen Werken von Schubert und Jörg Widmann.
Zu den Künstlern, die in dieser Spielzeit im Saal auftreten werden, zählen die Pianisten Yefim Bronfman, Lang Lang, Andras Schiff und Denis Kozhukhin sowie die Geiger Lisa Batiashvili, Gidon Kremer, Carolin Widmann und Pinchas Zukerman.