Bei der Unternehmenssteuerreform (USR III) will die baselstädtische Regierung die Bevölkerung etwa gleich entlasten wie die Unternehmen. Unter dem Strich belastet ihr Umsetzungspaket den Stadtkanton 140 Millionen Franken mehr – das ist just der Spielraum gemäss Finanzplan.
Nachdem die eidgenössischen Räte die USR III im Juni verabschiedet hatten, hat die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog am Donnerstag ihre Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung vorgestellt. Der Bund sieht als USR-Ausgleich 50 Millionen mehr für Basel-Stadt aus der direkten Bundessteuer vor sowie 20 Millionen tiefere Zahlungen in den Finanzausgleich.
Daneben enthält das kantonale Paket zwei weitere Säulen: die kantonalen Parameter der Unternehmenssteuerreform und Massnahmen zugunsten der Bevölkerung. Zentral bei ersterem ist der (effektive) Gewinnsteuersatz von neu 13 Prozent. So sollen die Steuern für forschende Konzerne dank Patentbox etwa gleich bleiben, wie Herzog sagte.
Gemäss Modellrechnungen würden bei 14,5 Prozent Firmen abwandern, die etwa 200 Millionen Einnahmenausfälle auslösen würden. Da im Schnitt künftig kein Kanton unter 12 Prozent komme, lägen die 13 Prozent in Basel-Stadt wohl unter der Schmerzgrenze, sagte Herzog.
Zum Vergleich: Genf will den Satz auf 13,49 Prozent festlegen; Waadt ist bei 13,79 Prozent, Freiburg plant 13,72 und Baselland 14 Prozent. Genf will mit einer neuen Steuer auf Salären Krippen, Bildungs- und Sozialmassnahmen finanzieren.
KMU profitieren stark
Heute liegt der Gewinnsteuersatz in Basel-Stadt bei 15 bis 22 Prozent für normale Firmen – somit profitieren vor allem KMU, Banken und Versicherungen von der USR III. International ausgerichtete Firmen zahlen heute 8 bis 11 Prozent; teurer wird es darunter also vor allem für reine Handelsfirmen, aber auch Generikahersteller.
Mit der vom Bund vorgesehenen «Patentbox»-Entlastung für forschende Firmen können Pharmakonzerne den Satz auch künftig auf 11 Prozent drücken. Die Entlastungs-Grenze für die Box und die zinsbereinigte Gewinnsteuer setzt die kantonale Vorlage bei maximal 40 Prozent, um Einnahmenausfälle zu begrenzen; der Bund lässt bis zu 80 Prozent zu.
Überdies senkt die Basler Vorlage den Kapitalsteuersatz auf ein Promille. Heute ist der Stadtkanton mit bis zu 2,5 Promille landesweit an der Spitze. Ferner werden die Dividenden nicht mehr mit 50 sondern 80 Prozent besteuert – damit wird laut Herzog auch die unterschiedliche Behandlung unterschiedlicher Firmenarten reduziert.
Insgesamt bezifferte Herzog die Entlastung für Firmen und Aktionäre auf 100 Millionen Franken: Senkungen der Gewinn- (110 Millionen) und Kapitalsteuer (90 Millionen) stehen höhere Kinder- und Auzsbildungszulagen (70 Millionen) und Dividendensteuern (30 Millionen) gegenüber. Mit diesen Ausgleichselementen hat die Vorlage eine Chance an der Urne, sagte Herzog.
Steuer-Lego für alle
Für die Bevölkerung sieht das Paket 110 Millionen Entlastung vor: Neben der Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen um je 100 auf 300 respektive 350 Franken oder insgesamt 70 Millionen Franken schlagen tiefere Einkommenssteuern (30 Millionen) und höhere Prämienverbilligungen (10 Millionen) zu Buche.
Die Steuern senken soll konkret ein um 1000 Franken pro Kopf höherer Freibetrag, wovon in erster Linie untere und mittlere Einkommen profitieren. Ab 135’000 Franken Nettoeinkommen wäre eine Satz-Senkung günstiger.
Die Vorlage sei ein Paket aus Elementen des «Baukastens», den die Bundesvorlage bereitstelle, sagte Herzog vor den Medien. Der Bund baue das Steuersystem um, und der Kanton führe mit seiner Vorlage die Situation eigentlich weiter wie bisher. Gewinnsteuersatz, Patentbox und Entlastungsgrenze seien so ausgewogen.
Vorbild für Basel-Stadt sei die Waadt, deren Vorlage an der Urne sehr gut angenommen worden war. Dort wird ebenfalls mit einem sozialen Ausgleichspaket auf die USR III reagiert: Erhöhung der Familienzulagen, eine stärkere Verbilligung der Krankenkassenprämien und eine bessere Tagesbetreuung für Kinder.
Zürich geht mit 18 Prozent Satz und 80 Prozent Entlastungsgrenze laut Herzog einen anderen Weg, der am Ende 10 Prozent Belastung ergebe – 11 Prozent sind es in Basel mit der Box. Sehr riskant wäre ein hoher Gewinnsteuersatz kombiniert mit Inputförderung alias Subventionen – auf letzeres verzichtet Basel-Stadt ganz.
Fiskalisches Nullsummenspiel
Nachbar Baselland sieht übrigens einen Gewinnsteuersatz von 14 Prozent vor sowie 60 Prozent Dividendenbesteuerung und die maximal zulässige Entlastungsgrenze von 80 Prozent vor. Den klammen Kanton und seine Gemeinden zusammen soll dieses Bündel gemäss kantonalen Schätzungen Mehrbelastungen von gegen 40 bis 80 Millionen bescheren.
Die Mehrbelastung des Stadtkantons von 140 Millionen soll derweil zu einer fast ausgeglichenen Rechnung führen: Das Budget 2017 sieht ohne USR III-Umsetzungspaket einen Überschuss von 143 Millionen vor, und für die Folgejahre rechnet der aktuelle Finanzplan mit 136 (2018), 112 (2019) und 134 Millionen (2020) Überschuss.
Allerdings werden für eine fünfjährige Übergangsphase Defizite erwartet, weil zeitweise Mindereinnahmen anfallen und Entlastungen später einsetzen. Bis 2019 ändert das USR III-Paket die Überschüsse kaum, bringt aber von 2020 bis 2024 Defizite zwischen 64 und 37 Millionen Franken – die Überschüsse davor decken diese Defizite ab.
Viel auf dem Spiel
In Basel-Stadt machen die bisher privilegiert besteuerten Firmen zwar nur fünf Prozent der über 10’000 Unternehmen aus, doch diese bringen vergleichsweise sehr hohe 61 Prozent der Einnahmen aus Gewinn- und Kapitalsteuern sowie direkter Bundessteuer; bei den Gewinnsteuern sind es gar 85 Prozent. Auf dem Spiel stehen so gut 32’000 Arbeitsplätze.
Würden alle Statusgesellschaften aus Basel-Stadt abwandern, wären auch die Nachbarn betroffen, wo die zigtausend Pendler wohnen. Allein Baselland entgingen dann 220 Millionen Franken Steuern, schätzte Herzog.
Während die Schweizer SP das Referendum gegen die USR III unterstützt, weiss die sozialdemokratische Finanzdirektorin Herzog in Basel-Stadt ihre Kantonalpartei hinter sich. Letztere nennt in einer Mitteilung vom Donnerstag die kantonale Umsetzungsvorlage «vernünftig» angesichts der ausgleichenden Elemente.
Die Vernehmlassung läuft bis Mitte Dezember, sodass die kantonale Vorlage im Frühling in den Grossen Rat kommen kann. Über die Bundesvorlage wird voraussichtlich am 12. Februar abgestimmt. So wäre ein Inkrafttreten auf beiden Ebenen per Jahresbeginn 2019 möglich.