In einem Monat werden gut 30’000 Gebäude und Stockwerkeigentumseinheiten auf einen Schlag für Erdbeben versichert sein: Die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) nimmt so alten und neuen Kunden und sich selbst eine grosse Sorge ab – als Schweizer Premiere.
Sämtliche Hypotheken und Baukredite der BLKB auf Schweizer Boden bis zu einem Gebäudeversicherungswert von fünf Mio. Franken sind ab 1. Oktober automatisch mit einer Police für natürliche Erdbeben ergänzt. Das sind über 99 Prozent des BLKB-Hypothekenbestandes, wie CEO Beat Oberlin am Mittwoch vor den Medien in Liestal sagte.
Gedeckt sind Gebäudewert und Aufräumungskosten; der Selbstbehalt beträgt 7,5 Prozent, mindestens aber 25’000 Franken. Laut Oberlin ist das ein vergleichsweise gutes Angebot – als Privatperson müsste man dafür individuell eine vierstellige Summe im Jahr an Prämien bezahlen. Die BKB-Kundschaft kostet das nun keinen Aufpreis.
Reale Gefahr
Möglich wird dies mit einem Paket, das Vertriebskosten erspart: Die Bank kauft die Versicherung ein bei der Bâloise und der Helvetia, die auch separate Ergänzungen abieten. Beide wiederum sichern sich bei der Swiss Re ab – letztere verweist auf ihr Eigenkapital von 33 Mrd. Dollar. Derzeit finanziert die BLKB nach eigenen Angaben Gebäudegesamtwerte von 20,4 Mrd. Franken.
Mit diesem Angebot stösst die Kantonalbank in eine Lücke, die zu stopfen auf nationaler Ebene Politik und Gebäudeversicherungen bisher nicht gelungen ist. Zuletzt hatte der Bundesrat im Juni mitgeteilt, ein landesweites Erdbebenversicherungs-Obligatorium sei mangels Kooperationswille mancher Kantone nicht realisierbar.
Die Region Basel und das Wallis gelten als gefährdetste Regionen der Schweiz. Der Schweizerische Erdbebendienst geht laut Direktor Stefan Wiemer von einem Beben mit einer Magnitude von 5 bis 5,5 mit grossen Schäden alle 100 bis 200 Jahre aus. Kleinere Schadenbeben seien alle 50 bis 100 Jahre realistisch.
Die BLKB kalkuliert auf der Basis des grossen Erdbebens von 1356, das mit Stärke 6,6 grosse Teile Basels zerstört hatte. Heute brächte ein solches Beben in der Region Hunderte Tote, Tausende Verletzte und Schäden im 100-km-Radius von insgesamt etwa 140 Mio. Franken, davon 110 Mio. in der Schweiz.
Hypo-Kunden-Ruin würde Bank gefährden
Erdbebenschutz-Baunormen kennt die Schweiz erst seit 1989 – wobei der Vollzug laut Wiemer hapert, just auch im Baselbiet. Da die wenigsten Wohneigentümer sich privat gegen Erdbeben versichern, sieht die BLKB mit rund 40 Prozent Marktanteil im Kanton ein substanzielles Problem im Falle eines Erdbebens grösseren Ausmasses.
Die meisten Eigentümer könnten mangels Versicherung Reparaturen oder Wiederaufbau nicht finanzieren, hiess es. Sie könnten auch ihre weiter laufenden Hypotheken nicht bezahlen, und zudem verlöre deren Pfand, die Häuser und Wohnungen, massiv an Wert. Weil Hypotheken ein Kerngeschäft sind, sei das Erdbebenrisiko für die Bank erheblich. Schlimmstenfalls käme die Staatsgarantie zum Tragen, also der Kanton an die Kasse.
Was das Angebot die BLKB kostet, wollte Oberlin nicht verraten. Ein beteiligter Broker sagte, nur direkt mit der Swiss Re sei das Paket zustande gekommen. Eine Pool-Lösung kostet etwa einen Zehntel einer individuellen-Erdbebenversicherung, schätzt Wiemer. Oberlin hält die ergänzten BLKB-Hypotheken wegen des Sicherheits-Bedürfnisses für künftig noch konkurrenzfähiger.
Konkurrenz zurückhaltend
Andere Erdbebenversicherungsangebote seien nur dank Einschränkungen bezahlbar, sagte Hermann Sutter von der Helvetia: So kenne die Berner Gebäudeversicherung eine Wertobergrenze pro Gebäude, und ein diskutiertes Bundesmodell habe knappere Ansätze und rechne mit einem grossen Staatsbeitrag.
Nebenan verzichtet übrigens die Basler Kantonalbank (BKB) auf ein eigenes Versicherungsangebot. Sie wolle ihre Hypo-Kundschaft unabhängig beraten und spreche dabei das Thema Erdbeben an, hiess es auf Anfrage. Auch die Raiffeisen Schweiz als grosser Player hat nichts Vergleichbares in der Pipeline und verweist auf ihren Partner Helvetia – die beim BLKB-Angebot mitwirkt.