Basels Euphorie und Chancenprozente

Der FC Basel will im „Entscheidungsspiel“ gegen ManU Geschichte schreiben. Eliminiert der Schweizer Meister den Finalisten der letzten Champions-League-Saison, wäre dies eine Sensation.

Streller will das Wunder provozieren (Bild: sda)

Der FC Basel will im „Entscheidungsspiel“ gegen ManU Geschichte schreiben. Eliminiert der Schweizer Meister den Finalisten der letzten Champions-League-Saison, wäre dies eine Sensation.

Liverpool kippten die Basler am 12. November 2002 aus dem wichtigsten Klubwettbewerb Europas. Neun Jahre später soll sich die magische Nacht wiederholen. Ein 3:3-Remis würde dem Schweizer Meister allerdings nicht mehr genügen. Basel benötigt zur Sensation einen Sieg gegen den 19-fachen englischen Rekordchampion – oder wie es Captain Marco Streller im Namen seiner Mitspieler formulierte: „Es braucht womöglich ein Wunder.“

Zu Gast ist der Gigant der Champions-League-Ära. Kein Verein hat sich häufiger (16-mal) für die europäische Eliteliga qualifiziert. Kein Team hat seit 1992 mehr Punkte (246) gewonnen als die Engländer. Nur die dreifachen Champions-League-Sieger Barça, Real und Milan standen einmal mehr zuoberst auf dem Podium. Lediglich zweimal (2005 und 1994) scheiterte der zwölffache (!) Viertelfinalist bereits in der Gruppenphase.

Im St.-Jakob-Park gegen die Nummer 56 des Uefa-CL-Rankings zu scheitern ist für die Mancunians im Prinzip unvorstellbar. Das Out käme einer monumentalen Blamage gleich. Eine Niederlage ist für das gemäss Schätzungen internationaler Experten über eine halbe Milliarde Franken teure Team keine Option. „Es wäre für uns ein Albtraum“, gibt Darren Fletcher unumwunden zu, bevor er nachschiebt: „Am Ende des Tages zählt nur das Resultat.“

Das „Comeback“ im Old Trafford

Ganz ohne Respekt ist der Zweite der Premier League indes nicht angereist. Die Engländer haben die nahezu makellose Basler Bilanz und Brillanz der letzten dreieinhalb Monate registriert. Der FCB siegte in 15 von 19 Auftritten auf allen nationalen und internationalen Bühnen; in der Meisterschaft gewann er seit dem 1:3 in Luzern 31 von 33 möglichen Punkten.

ManU hingegen tat sich seit der Sommerpause immer wieder schwer. Die City zog an der United vorbei. Eine Demütigung wie jenes 1:6 im Old Trafford gegen den Stadtrivalen hat Alex Ferguson während seiner gesamten 25-jährigen Herrschaft bei ManU nie zuvor erlebt. Schlüsselfiguren wie Wayne Rooney stecken im Tief. Und die Ausfälle zahlreicher Offensivkünstler (zuletzt Hernandez) entschärfte die Problematik natürlich nicht. Aber: Die United hat nur eines ihrer letzten 23 Auswärtsspiele im Europacup verloren.

Dass Basel in der Lage sein könnte, den Koloss ernsthaft zu bedrängen, demonstrierte der Aussenseiter schon im Hinspiel. Nach dem spektakulären 3:3 flammte die Hoffnung beim FCB erst richtig auf, in dieser schwierigen Gruppe den Coup schaffen zu können. Das fantastische „Comeback“ nach dem frühen 0:2-Rückstand blieb in den Köpfen der Bebbi haften – ebenso wie am Ende der Kreis der Spieler und die emotionalen Worte von Captain Streller.

Keine Träumer, aber stolz

Es sind durchaus gute Argumente vorhanden, am letzten Spieltag der Vorrunde globale Schlagzeilen zu produzieren. Im Tor steht mit Yann Sommer das grösste Schweizer Goalietalent. Abwehrchef David Abraham spielt die beste Saison seit seiner Ankunft. Im Mittelfeld sind mit Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka und Fabian Frei die Schweizer Aufsteiger des Jahres engagiert. Und im Sturm spielen Alex Frei und sein Copain Streller die Form ihres Lebens aus.

Und trotzdem schränkt Streller ein: „Bei uns muss alles passen, und sie dürfen keinen optimalen Tag einziehen.“ Der frühere Nationalspieler kennt den geringen Prozentsatz an Chancen. Die vergangenen Festwochen lösten bei ihm keine Realitätsferne aus. Aber wenn er sagt, „dass ich schon enttäuscht wäre, würden wirs am Ende nicht schaffen“, übertreibt die FCB-Galionsfigur nicht. „Wir wollen weiterkommen.“ Streller ist deswegen kein Träumer, sondern stolz auf den Verlauf dieses Wettbewerbs.

In Basel reden sie nicht nur von der immensen Überraschung, sie haben den ausserplanmässigen „Obestraich“ im Sinn – das Stadion ist seit Wochen ausverkauft, das Publikum wird für eine elektrisierende Atmosphäre sorgen. Sollte ihnen der wundersame Achtelfinalvorstoss tatsächlich gelingen, würden die Bebbi in der Fasnachtshochburg mutmasslich einen vierten schönsten Tag zelebrieren.

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