Matthias Müller, der Gründer und Präsident des Musikfestivals Baloise Session, ist im Alter von 51 Jahren verstorben. Es sei sein Wunsch, dass das Festival – sein Lebenswerk – weitergeführt werde, teilt CEO Beatrice Stirnimann mit.
Der Tod und das Musikgeschäft: 2016 bilden sie eine unheimliche Allianz. Ob Prince oder Roger Cicero, David Bowie, Glenn Frey (Eagles) oder unlängst Elvis Presleys Gitarrist Scotty Moore: Die Liste der Nachrufe ist bereits ausserordentlich lang in diesem halben Jahr.
Nun reiht sich ein Mann ein, der im Basler Musikgeschäft zu einem bedeutenden Arbeitgeber wurde: Matthias Müller. Der Gründer der Rheinknie Session, die zur AVO und schliesslich der heutigen Baloise Session wurde, ist viel zu früh, mit 51 Jahren, verstorben. Er erlag einer schweren Krankheit, die ihn erstmals während eines Festivals traf und von der er nicht mehr genesen konnte. Müller hinterlässt eine Frau, zwei Söhne und zahlreiche loyale Mitarbeiter, die mit ihm das Festival gross gemacht haben.
Festival-CEO Beatrice Stirnimann: «Wir sind tief erschüttert über den Verlust, denn Matthias war für uns mehr als nur der Gründer und Präsident des Festivals. Bis zuletzt hat er das Team mit seinen Ideen motiviert und inspiriert.»
Ein Händchen für Personalentscheide
Sein Aufstieg begann mit der «Rheinknie Session», mit der der Musikfan in den 1980er-Jahren Jazz, Gospel und Blues auf die Bühne brachte. 1998 folgte ein Konzept- und Namenswechsel: Mit der «AVO Session Basel» öffnete er die Reihe stilistisch und bediente fortan ein breiteres Publikum.
Was nicht ohne Risiko war, wie er sich erinnerte: «Wir öffneten das Spektrum und verloren viele Jazz- und Gospelfans. Zugleich war es nicht einfach, Stars aus anderen Genres zu verpflichten, da unser Festival anfänglich ein unbeschriebenes Blatt war.» Engagements von Chris de Burgh, Ray Charles oder James Brown hatten Türöffnerfunktionen, mit denen jüngere Acts wie etwa Die Fantastischen Vier überzeugt werden konnten.
Ein gutes Händchen hatte Müller auch in Personalentscheiden, etwa, als er mit Beatrice Stirnimann eine wichtige, rechte Hand an seine Seite berief.
Unorthodoxe Ideen fürs Konzertgeschäft
Ins Boot holte er auch zunehmend potentere Sponsoren. Allen voran die Tabakmarke AVO. Sein Entscheid, sich mit dem Festivalnamen einem Geldgeber anzudienen, war unorthodox und umstritten. Dass eine Veranstaltung den Sponsor im Namen übernimmt, kannte man aus dem Sport, im Kulturbetrieb ist dies aber bis heute eher verpönt.
Müller foutierte sich um solche geschmäcklerische Konventionen und machte aus kommerzieller Sicht einen Schritt vorwärts. Denn plakativ trug er fortan den Namen der Zigarrenmarke (und heute jenen einer Versicherung) ins Publikum, in die Medien – und, vor allem, ins Fernsehen. Damit also in die Welt hinaus.
Geschickter Netzwerker
Vom Verkauf von Konzertübertragungen profitierten aber nicht nur die Sponsoren, sondern auch das Festival selber. Eine Win-Win-Situation.
Als geschickter Netzwerker gelang es Müller auch, einen Gönnerverein an sein Festival zu binden, in dem Privatiers und Wirtschaftsleute Einsitz nahmen. Und die mit Geldspritzen dafür sorgten, dass Weltstars im intimen Rahmen des Messe-Festsaals zu erleben waren. Denn ein hoher sechsstelliger Betrag, wie er für Elton John fällig wird, wäre mit Sponsoren und Ticketverkäufen längst nicht abgedeckt gewesen.
Dass Müller mit dem Club de Bâle noch auf anderem Weg die Nähe zum (eher neureichen) Grossvermögen suchte, entsprach nicht der altehrwürdigen Basler Art – und sorgte in den letzten Jahren für Spott. Doch muss man anerkennend festhalten, dass er den Mut hatte, sich mit unkonventionellen Geschäftsideen zu exponieren – und diese durchzuziehen, ungeachtet einer öffentlichen Meinung.
Sein Lebenswerk soll weiterleben
In den vergangenen Jahren spürte Müller den Preiskampf im Musikgeschäft, er betonte immer wieder, wie hart es geworden sei, Weltstars zu verpflichten, da deren Gagenforderungen stiegen und stiegen. Sein Festival aber fand ganz bewusst im überschaubaren Rahmen statt. Auch im neuen Messesaal wollte Müller eine exklusive, schicke Atmosphäre vermitteln: Sitzplätze, Clubtische und Cüplistimmung statt schweisstreibendes Stadiongedränge. Daran hielt er fest, darauf war er stolz, wie das Publikum bei seinen enthusiastischen Begrüssungsansprachen immer wieder feststellen durfte. Und natürlich war er auch stolz darauf, so viele grosse Namen nach Basel holen zu können.
Daran soll sich auch nach seinem Tod nichts ändern. «Es war der grosse Wunsch von Matthias, dass das Festival – sein Lebenswerk – in seinem Sinne weitergeführt wird», teilt CEO Beatrice Stirnimann mit. «Der Verwaltungsrat und das ganze Team der Baloise Session werden diesem Wunsch nachkommen und damit sein Andenken ehren.»