Basler Filmpreis zoomt auf die Gewinner

Gewonnen haben alle: Es war ein starker Jahrgang. Siegerin war dann doch nur eine: Anna Thommen. Ihr Film wird auch vom Publikum gefeiert. Zürich und Bern verleihen ihren Filmpreis jährlich im Herbst. Basel verlieh ihn am Samstag: mit schlichtem Gala-Flair, einer gut aufgelegten Jury um Charlotte Schwab und glücklichen Gewinnerinnen und Gewinnern. Für wenige Augenblicke war […]

Eine Siegerin: Anna Thommen

Gewonnen haben alle: Es war ein starker Jahrgang. Siegerin war dann doch nur eine: Anna Thommen. Ihr Film wird auch vom Publikum gefeiert.

Zürich und Bern verleihen ihren Filmpreis jährlich im Herbst. Basel verlieh ihn am Samstag: mit schlichtem Gala-Flair, einer gut aufgelegten Jury um Charlotte Schwab und glücklichen Gewinnerinnen und Gewinnern. Für wenige Augenblicke war im Schauspielhaus den Basler Filmern ein wenig Scheinwerferlicht gegönnt – und – Geld.

Impressionen von der Basler Filmnacht:

Im Licht stand schliesslich auf der Schauspielhausbühne in Basel mit Anna Thommen eine Siegerin, die bereits für den Schweizer Filmpreis nominiert war: Ihr «Neuland» siegte in einem ausgeglichenen Feld in der Kategorie Langfilm, neben den anderen Ausgezeichneten Matthias Affolter, Jonathan Laskar, Faessler&Horst, Lukas Gähwiler und dem Team von Nico Schmied, Sebastian Boschung, Dominic Beyeler und Samuel Stefan.

Die Welt in Basel

«Neuland» machte uns zu Zeugen einer Ankunft von Flüchtlingen aus aller Welt in Basel: Aus den Kriegsgebieten der Welt kommen sie in die Kaserne in Basel, um hier Fuss zu fassen, in der Sprache, in der Kultur einer fremden Welt.

Christian Zingg, ihr Lehrer, begleitet die Sprachlosen über zwei Jahre auf dem Weg zu einer eigenen Sprache, und Anna Thommen fing über zwei Jahre hinweg die Stationen dieser Begegnungen in Bildern ein, die gleich mehrfach Zeit als Filmzeit sichtbar machten: in der Beharrlichkeit des Lehrers, in der Unruhe der Ankommenden und der Geschwindigkeit der neuen Umgebung.

Feiern konnte Basel in diesem Jahr überhaupt einen starken Dokumentarfilm-Jahrgang, der sich von Basel aus mit der Welt befasste. Nominiert war, neben der Ankunft der Welt in «Neuland», auch Edgar Hagen, der uns mit auf eine beklemmende «Reise» hinaus in die Welt nahm, «zum sichersten Ort der Welt», um herauszufinden, wohin denn der Atommüllberg verschoben werden soll, der täglich vor unseren Toren anwächst.

Die Welt aus Basel

«Neuland» und «Reise» sind Filme, die sich an die grossen Themen der Welt draussen und der Welt bei uns wagen. Es scheint, als könnte das Klima der Stadt in den Grenzen des Dreiländerecks zu dokumentarischen Grenzüberschreitungen beflügeln.

Ebenfalls unter den Nominierten befand sich Ramon Giger, der in der kleinen Welt eines Sohn-Vater Verhältnisses überraschend persönlich an seine Grenzen kommt und sein Scheitern auch nicht vorenthält. In «Karma Shadub» schildert er den Versuch, seinem rissigen Vaterbild auf den Grund zu gehen (er gewann den Grand-Prix der «Vision du Réel» in Nyon).

Auch Simon Ramseier kam mit einem aufregenden Bild aus der Ferne nach Hause. Er brachte in Mocambique «Knackeboul» mit dem mosambikanischen Künstler «Shot B» zusammen und montierte sie zu einem aufregend musikalischen Tagebuch.

Wer wagt, gewinnt

Gewonnen haben nun die Wagemutigsten. Im wahrsten Sinne des Wortes waren das die «geile Sieche» in «Sommer-Challenge Parkour». Sie riskieren in Matthias Affolters Film ihren Kopf und mindestens unsere Kragen. Da zieht man schon beim Zuschauen den Kopf ein. Die beiden nehmen uns mit auf eine Reise, an deren Höhepunkt Chris und Kevin über eine Häuserschlucht in den Banlieues von Paris springen.  

In der Kategorie Kunstfilm war es «Aus Erde und Tinte» von Jonathan Laskar, der die starke Konkurrenz beherrschte, während bei den Spot/Clips die faszinierende Bildmontage «Tin Tin» von Faessler&Horst und – in Sparte Auftragsfilm – «Berufe mit Herz» von Lukas Gähwiler siegten. Der Spezialpreis für die Beste Kamera ging schliesslich an «Mountain of Snow» von Nico Schmied, Sebastian Boschung, Dominic Beyeler und Samuel Stefan.

Filme haben ihren Preis

Die Jury hatte in diesem Jahr wirklich die Qual der Wahl. Überzeugt hat mit «Neuland» ein Film, der auch bereits ein Publikumshit ist. Laut Procinéma hat «Neuland» bis jetzt 21’477 Zuschauer in die Kinos gelockt. Zum Vergleich: «Vaters Garten. Die Liebe meiner Eltern» von Peter Liechti (er wurde mit dem Zürcher und dem Schweizer Filmpreis mit je 50’000 Franken versehen) lockte bis jetzt 13’008 Zuschauer in die Säle. Und ebenso zum Vergleich: Anna Thommen erhielt 12’000 Franken.

Das Geld ist nicht das Entscheidende. Ein Preis muss viel mehr können. Er muss die Erfolgreichen für ihre Qualität loben. Er muss die Verkannten für ihren Mut preisen. Er muss die Szene mit Geld versorgen. Ein Stadt-Preis kann dennoch eigentlich nur eines: den Scheinwerfer für einen Augenblick auf jene richten, die lokal tätig, national nicht etabliert und international noch nicht so wahrgenommen werden.

Noch eine andere Zahl zum Vergleich. Nur wenige Filme schaffen in der Schweiz an der Kinokasse den Break-Even: «Der Goali bin ig», der Schweizer Filmpreisgewinner von 2014, zählte bis jetzt 111’183 Zuschauer.  

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Der Film läuft zur Zeit noch in den Kult-Kinos.

Die Gewinner komplett:

Langfilm: «Neuland» von Anna Thommen (12’000 CHF)

Kurzfilm: «Sommer-Challenge Parkour» von Matthias Affolter (Preis von Tweaklab AG gestiftet und beinhaltet Dienstleistungen im Bereich Postproduktion oder Vermietung im Wert von 5’000 CHF)

Kunstfilm: «Aus Erde und Tinte» von Jonathan Laskar (3’000 CHF)

Spot/Clip: «Tin Tin» von Faessler&Horst (2’000 CHF)

Auftragsfilm: «Berufe mit Herz» von Lukas Gähwiler (1’000 CHF)

Spezialpreis für Beste Kamera: Musikclip «Mountain of Snow» von Nico Schmied, Kamera: Nico Schmied, Sebastian Boschung, Dominic Beyeler und Samuel Stefan (Preis von der TagesWoche gesponsert im Wert von 1’000 CHF).

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