Seit elf Jahren gilt häusliche Gewalt nach Strafgesetzbuch als Offizialdelikt, doch die Polizeistatistik zeigt in Basel-Stadt keine Entspannung. Striktere Sanktionierung drückt die Fallzahlen; Sensibilisierung lässt sie steigen. Die Prävention werde stetig verbessert, hiess es am Mittwoch vor den Medien.
Derzeit rückt die Basler Polizei im Schnitt einmal im Tag wegen häuslicher Gewalt aus. Die 300 bis 400 Fälle im Jahr sind eine ähnliche Grössenordnung wie beim Raub, der schwer bestraft wird. Doch daneben gibt es eine sehr hohe Dunkelziffer an unbekannten Fällen, wie Sicherheitsdepartementsvorsteher Baschi Dürr sagte.
Grobe Fälle häuslicher Gewalt über Jahre hinweg seien mittlerweile indes sicher rückläufig, schätzte Dürr. Er begründete dies mit Enttabuisierung und Schulung; heute würden etwa Ärzte HG-Fälle der Polizei melden. Wegweisungen von Tätern etwa aus gemeinsamen Wohnungen mit dem Opfer gebe es im Schnitt eine pro Woche.
Interdisziplinär und -departemental
Weil häusliche Gewalt für die baselstädtische Polizei «ein sehr grosses Thema» sei, suchen die Behörden auf verschiedenen Ebenen nach wirksamen Ansätzen. Eines ist ein im August angekündigtes Pilotprojekt zum schnelleren Ansprechen von Gewalt Ausübenden, ein anderes ist ein Benchmarking, das Basler Methoden und Ziele mit Zürich vergleicht.
Gegen Tunnelblick hilft auch ein grosser Runder Tisch, an dem zweimal im Jahr rund 30 Teilnehmende die Lage und Ideen erörtern. Prävention beginnt schon in Kindergärten – wenn diese das wünschen. Derzeit läuft zudem eine Kampagne für Teenager. Gegebenenfalls werden gewaltauffällige Minderjährige gezielt in Trainings geschickt.
Zwei Polizeiwachtmeister, die auch bei Fällen von häuslicher Gewalt intervenieren, berichteten von ernüchternden Erfahrungen: Oft – speziell bei Schweizern – sei Alkohol im Spiel, und jene Paar-Konflikte brächen immer wieder aus. Häusliche Gewalt sähen sie im Einsatz in sämtlichen gesellschaftlichen Schichten, Quartieren, Kulturen und Glaubensrichtungen.