Mit einem Mahnfeuer auf dem Place du Luxemburg, nur wenige Meter vom EU-Parlament entfernt, haben Milchbauern aus verschiedenen europäischen Ländern in Brüssel vor «chronischen Preisstürzen» nach der Aufgabe der Milchquote in der EU gewarnt.
Gleichzeitig fordern sie neue Kriseninstrumente. «Dank des zu erwartenden Milchüberschusses werden die Konzerne den Erzeugern ab jetzt die Abnahmebedingungen noch stärker als bisher diktieren», sagte Romuald Schaber, Präsident des europäischen Dachverbandes European Milk Board (EMB). Denn die in der EU bisher geltenden Milchquoten liefen nach 31 Jahren aus. «Es drohen Tiefstpreise», so Schaber.
Um die befürchtete Dominanz der Lebensmittelkonzerne zu untermauern, wurden die Flaggen der EU-Mitgliedstaaten von den Bauern auf Halbmast gesetzt – begleitet von Trauermusik. Dann wurde unter Buh-Rufen und Kuhglocken-Gebimmel die Fahnen von den fünf Lebensmittelproduzenten Danone, Müller, Nestlé, Campina und Arla gehisst.
Angst vor Preiszerfall
Letztlich gehe es «um die Existenz von bäuerlichen Betrieben», sagte Schaber vor rund 70 Milchbauern, Verbandsvertretern, EU-Abgeordneten und Journalisten. Viele Bauern könnten schon heute nicht kostendeckend produzieren. Schaber rechnete vor, dass deutsche Bauern rund 30 Cent pro Liter Milch erhielten, während sich ihre Kosten je nachdem auf gegen 50 Cent beliefen.
Befürchtet wird nun, dass mit dem Wegfallen der Quoten die Milchproduktion steigern wird, was wiederum einen Preiszerfall nach sich ziehen würde. «Chronische Preisstürze sind programmiert, die nächste Marktkrise wird kommen», sagte Schaber.
Zwar weine man den Quoten, so wie sie waren, nicht nach, sagte Schaber. Aber man verlange Kriseninstrumente. Konkret fordert der Dachverband, dass Milchproduzenten, «die in Zeiten des Überschusses freiwillig weniger produzieren», einen Bonus erhalten sollen. Diejenigen, die trotzdem mehr produzieren, sollen gemäss EMB eine Abgabe zahlen.
Schweiz als «schlechtes Beispiel»
Bei der Mahnwache in Brüssel mit dabei waren auch die beiden Milchbauern Werner Locher und Peter Ledergerber aus der Schweiz. Beide sind Mitglieder bei der Interessensvereinigung BIG-M, die wie Uniterre Mitglied beim EMB ist. Anders der Verband Schweizer Milchproduzenten SMP – er hat sich dem europäischen Dachverband nicht angeschlossen.
Im letzten Juli, als der EMB schon einmal eine Demonstration in Brüssel organisierte, wurde explizit auf die Schweiz als «schlechtes Beispiel» verwiesen. Denn sie hatte bereits im Mai 2009 die Milchkontingente abgeschafft.