Der Pritzker-Preis ist der Nobelpreis der Architekten. Am Montagabend war ein Preisträger in den Basler Kult-Kinos – in einem Film über ihn. Dazu gab es eine Gesprächsrunde: «Die Böhms – Architektur einer Familie»
Der Pritzker-Preis ist der Nobelpreis der Architekten. Jetzt ist ein Preisträger in die Kult-Kinos gekommen – in einem Film über ihn. Dazu hat es eine Gesprächsrunde mit Maurizius Staerkle-Drux (Regie), Paul Böhm (Architekt) und Hubertus Adam (Direktor Schweizerisches Architekturmuseum) gegeben: «Die Böhms – Architektur einer Familie»
«Die Böhms – Architektur einer Familie» stellt einen Preisträger in den Mittelpunkt. Gottfried Böhm, selber Sohn eines Architekten, hat den Preis 1986 erhalten und sein Erbe weitergegeben: Als Architekt seiner Familie. Ein facettenreicher Familienbau.
Gottfried Böhm hat seine weltweit anerkannte Baukunst immer familiär gesehen. Schliesslich haben die Böhms das Bauen seit drei Generationen als Erbgut verfeinert.
«Die Architektur einer Familie» nennt Maurizius Staerkle-Drux seinen Film im Untertitel, durchaus zweideutig: Die Bausubstanz der Familie ist das eigentlich Eindrückliche seiner Dokumentation: Auf den Fundamenten des Grossvaters entwickeln die Enkel ihr Erbe in Freiheit weiter.
Der «Boss» als Architekt der Familie
Wenn der «Boss», wie die Familie ihn nennt, im Garten Tischtennis spielt, bewegt Gottfried Böhm nur noch das Nötigste: Den Schläger. Zwischen den Smashes stützt sich der 93-Jährige mit der Hand auf dem Tisch ab und beklagt sich über ein ungewöhnlich hohes Fliegenaufkommen.
Die Schläge setzt er fein und eindeutig, wie seinen Zeichenstift. Mehr braucht er nicht als begnadeter Zeichner seiner Bauphantasien. Der bislang jüngste vollendete Bau unter Beteiligung der Böhms ist das Hans Otto-Theater in Potsdam. Manche Bauten sind wie Skulpturen. Von jeder Seite besehen sehen sie neu und anders aus.
Auch die Architektur der Familie ist von jeder Seite her gesehen eine andere: Die Mutter ist unbeirrbare Korrektorin. Gottfried ist der stille Kommentator. Seinem architektonischen Blick entgeht im Film nichts. Auch wenn er, scheinbar reglos, im Atelier die Bewegungen seines Sohnes verfolgt, der an einem Lehm-Modell eines Bauwerks knetet, korrigiert er mit beharrlichem Blick.
Fingerzeichnung oder digital?
Er könnte schon längst im Ruhestand leben. Aber noch immer huscht sein Zeichenstift über seine Entwürfe, als wäre die ganze digitale Zeit an ihm vorbeigegangen. In rasender Geschwindigkeit entstehen Entwürfe für ganze Stadtteile. «Das muss dann halt jemand einscannen.» Keiner seiner Söhne will ihm in der Geschwindigkeit mit einem Computer das Wasser reichen.
Seine Kinder Peter, Paul und Stephan sind nun ebenfalls Architekten, die bereits aufsehenerregende Bauten geprägt haben. Für ihre Generation war die Verwaltung des Erbgutes am Schwierigsten: Als Kinder des Pritzker-Preisträgers sind sie in besonderer Art gefordert.
Heute will er fast selber nicht glauben, wenn er seine Bauten im Film besucht, dass man ihn, den Pionier des skulpturalen Betonbaus, das alles einst hat bauen lassen. Er staunt – wie die Zuschauer des Films. Sein erster eigenständiger Bau war die Kölner Kapelle 1947.
Wer kein Architekturfreund ist, kann es hier werden. In der leisen Annäherung von Staerkle-Drux wird der fast grosse Gestalter ein stiller Betrachter der Welt. Kirchen, Kinderdörfer und Kathedralen waren seine öffentlichen Bauten. Auch wenn sein bedeutendster Bau wohl der Mariendom in Neviges ist, hinterlässt er doch mit dem Bau seiner Familie einen noch eindrücklicheren, in deren Zentrum seine Frau noch immer eine Art Bauleitung hat.
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Läuft ab Donnerstag 5. Februar im kult.kino Atelier in Basel.