Die «Basler Zeitung» (BaZ) wehrt sich dagegen, dass eine Journalistin den Namen eines Cannabis-Dealers preisgeben muss, über den sie berichtet hat. Die Zeitung will ein Urteil des Bundesgerichts beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg anfechten.
Die Journalistin hatte im Oktober 2012 unter dem Titel «Zu Besuch bei einem Dealer» über einen Besuch bei einem Haschischkonsumenten berichtet, der einen Teil seiner Drogen weiterverkauft. Pro Jahr verdiene er damit rund 12’000 Franken, sagte er der Journalistin.
Die Basler Staatsanwaltschaft leitete darauf ein Strafverfahren ein. Die als Zeugin vorgeladene Journalistin berief sich jedoch auf das Aussageverweigerungsrecht für Journalisten. Das Appellationsgericht Basel-Stadt gab ihr recht. Das Bundesgericht indes hiess eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gut.
Qualifiziertes Delikt laut Bundesgericht
Wenn beim Handel mit weichen Drogen wie Haschisch der jährliche Gewinn 10’000 Franken übersteigt, liege ein qualifizierter Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Dies befand das Bundesgericht in einem am 19. Februar bekannt gegebenen Entscheid. Wenn es um die Aufklärung einer schwerwiegenden Straftat gehe, falle das gesetzlich verankerte Recht auf Quellenschutz für Journalisten weg.
Auch angesichts der konkreten Umstände sei dieser Wegfall verhältnismässig. Das Interesse an der Aufklärung der Straftat sei gross. Derweil könne sich die BaZ nicht auf ein namhaftes öffentliches Interesse berufen wie etwa dann, wenn der Bericht schwere Missstände in Politik, Wirtschaft oder Verwaltung aufgedeckt hätte. Vielmehr habe der Dealer eine Werbeplattform erhalten.
BaZ sieht Quellenschutz verwässert
Dieses Urteil bedeute aus seiner Sicht eine Verletzung der Pressefreiheit, sagte BaZ-Unternehmensjurist Martin Wagner in einem Interview in der BaZ selber vom Freitag (Artikel online nicht verfügbar). Denn es garantiere den für Journalisten zentralen Quellenschutz nicht mehr und widerspreche einem früheren Bundesgerichtsurteil von 2006.
Der in der Schweiz garantierte Quellenschutz könne nur in Ausnahmefällen – bei Schwerstdelikten – aufgebrochen werden. Dafür gebe es einen Ausnahmenkatalog. Darüberhinaus müsse jedoch jeder Einzelfall genau geprüft werden.
Der Dealer im vorliegenden Fall sei jedoch «ein kleiner Fisch»: Laut Wagner dürfte er Geschäfte in der Höhe von ein paar Tausend Franken gemacht und gegenüber der Journalistin geblufft haben. Der Jurist befürchtet nun, dass nach dem neuen Bundesgerichtsurteil die Gerichte den Einzelfall nicht mehr prüften.
Damit würde laut Wagner der Quellenschutz aber erheblich verwässert. Die BaZ werde daher der Journalistin einen erfahrenen Strafrechtsexperten zur Seite stellen, der das Urteil nach Strassburg weiterziehe.