Nach dem Kentern von zwei Flüchtlingsbooten vor der libyschen Küste werden nach einem Bericht des britischen Senders BBC Hunderte Tote befürchtet. Der Sender zeigte am frühen Freitagmorgen Fernsehbilder von zahlreichen Leichensäcken.
In einem Flüchtlingsboot seien etwa 50 Menschen gewesen. Das andere habe 400 Menschen an Bord gehabt. Beide seien am Donnerstag gekentert. Die libysche Küstenwache suche nach Überlebenden. Mindestens 100 Leichen seien in das Spital von Suwara westlich von Tripolis gebracht worden, sagte ein Anwohner dem Sender.
Ein Vertreter der Sicherheitsbehörden in Suwara sagte am Donnerstagabend mit Blick auf das grössere Schiff, viele Passagiere seien unter Deck gefangen gewesen. Etwa 200 Menschen habe die libysche Küstenwache gerettet. 147 seien in ein Lager westlich der Hauptstadt Tripolis gebracht worden.
Die italienische Küstenwache, die auch EU-Rettungseinsätze vor der libyschen Küste koordiniert, bestätigte den Untergang am Freitag zunächst nicht. Es seien aber in verschiedenen Einsätzen im Mittelmeer 1430 Menschen am Donnerstag gerettet worden. Unter anderem habe ein Handelsschiff einem Holzboot mit 125 Flüchtlingen Hilfe geleistet. Auf dem Boot seien zwei Tote geborgen worden.
Eine Sprecherin des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge UNHCR sagte, sie habe bisher keine Informationen über die neuen Unglücke vor Libyen.
Suwara ist wichtige Anlaufstelle
Tausende Flüchtlinge machen sich auf den gefährlichen Weg von Libyen über das Mittelmeer nach Europa. Immer wieder kommt es zu schweren Unglücken. Dieses Jahr sind dabei nach Angaben von Flüchtlingsorganisationen bereits etwa 2400 Menschen umgekommen. In den vergangenen Tagen waren auf dem Mittelmeer insgesamt etwa 100 Menschen in Laderäumen von Schiffen vermutlich erstickt.
Die libysche Küstenstadt Suwara gehört zu einer der wichtigsten Anlaufstellen für Flüchtlinge. Tausende versuchen, von hier aus über das Mittelmeer nach Europa zu reisen. Die libyschen Behörden und die Küstenwache sind mit der grossen Anzahl Flüchtlinge überfordert.
Seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 versinkt das ölreiche Land im Chaos. Derzeit konkurrieren zwei Regierungen und zwei Parlamente miteinander. Zudem bekämpfen sich zahlreiche Milizen. Gespräche über eine friedliche Lösung der Krise unter Vermittlung der UNO kommen nur schleppend voran. Das Chaos machen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und andere Extremisten zunutze, die zahlreiche Gebiete beherrschen.