Müller Martini, Herstellerin von Systemen für die Druckverarbeitung und den Versand mit Hauptsitz in Zofingen AG, plant den Abbau von weltweit 550 Stellen. Der Standort Felben-Wellhausen TG soll geschlossen werden. 250 der 330 Mitarbeitenden droht die Entlassung.
Rund 50 Mitarbeitende der Müller Martini Buchbinde-Systeme AG in Felben-Wellhausen sollen am Standort Zofingen AG weiterbeschäftigt werden. Die Standorte Zofingen, Stans NW und Hasle LU seien nicht gefährdet, sagte Bruno Müller, CEO der Müller Martini Gruppe, am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit 2440 Mitarbeitende, davon 1355 in der Schweiz. «Für das Volumen, das der Weltmarkt hergibt, haben wir von der Struktur her eine viel zu grosse Organisation», betonte Müller.
Der Umsatz des Marktführers bei Systemen für die Druckverarbeitung sank in den vergangenen vier Jahren von über 1 Mrd. auf deutlich unter 450 Mio. Franken, wie es in einer Medienmitteilung heisst. Die Situation habe sich seit Ende 2012 verschärft. Für das laufende Jahr werde mit einem Umsatz von rund 400 Mio. Fr. gerechnet.
Familienunternehmen will sich gesundschrumpfen
Diese Situation zwinge Müller Martini, eine grundlegende Restrukturierung zu prüfen. Die Grösse des Unternehmens müsse an den geschrumpften Markt angepasst werden.
Die Verluste in den letzten vier Jahren summierten sich gemäss Angaben der Gruppe auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Diese Last könne das Familienunternehmen auf die Dauer nicht mehr tragen.
Das Ziel sei, sich im weltweit geschrumpften Markt der grafischen Branche auch in Zukunft zu behaupten und das Überleben der Gruppe zu sichern. Um Investitionen in Produktentwicklungen tätigen zu können, müssten Kosten und Erträge in Einklang gebracht werden.
Wandel in der Druckindustrie
Die grafische Industrie habe sich fundamental geändert, hält Müller Martini fest. Die Wirtschaftskrise habe den Strukturwandel hin zu digitalen Medien beschleunigt. Weil es weniger Druckereien gebe, habe sich die Kundenbasis verkleinert. Die Kunden würden Investitionen zurückhalten.
Hinzu komme, dass Müller Martini zu mehr als 90 Prozent für den Export produziere. Der starke Franken verringere die Gewinnmarge enorm. Der Preisdruck sei gross.
Suche nach Lösungen
Das Unternehmen informierte am Donnerstag die Behörden und Sozialpartner über die Radikalkur. Man werde während des Konsultationsverfahrens gemeinsam mit den Personalvertretungen nach sozialverträglichen Lösungen suchen, versicherte Müller gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Das Konsultationsverfahren dauert bis zum 14. August.
Kritik der Arbeitnehmerorganisation
Die Gewerkschaft Syna zeigte sich in einer Reaktion «entsetzt» über die geplanten Entlassungen. Bereits ab Ende August sei mit ersten Entlassungen zu rechnen.
Man begrüsse, dass die Firmenleitung ein offenes Verfahren gewählt habe, damit die Arbeitnehmervertretungen zusammen mit der Belegschaft und den Gewerkschaft griffige Lösungen erarbeiten könnten.
Müller Martini habe eine rechtzeitige Diversifizierung verschlafen, hält der Verband Angestellte Schweiz fest. Der Strukturwandel sei vorhersehbar gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Betrieb in Felben-Wellhausen ganz geschlossen werden solle. Eine Weiterführung sei «absolut realistisch».
Besonders bitter für die Angestellten von Müller Martini sei, dass auch die Kurzarbeit den Stellenabbau nicht verhindert habe. Viele hätten auf einen Teil ihres Einkommens verzichten müssen und würden den Job trotzdem verlieren.
Für die 39 Lehrlinge am Standort im Kanton Thurgau müsse eine Lösung gefunden werden. Der Verband forderte, dass der Sozialplan angepasst wird.