Zwei Tage nach dem spektakulären Flugzeugabsturz in Taipeh mit mindestens 35 Toten haben Bergungstrupps am Freitag weiter nach Vermissten gesucht. Vor dem Absturz waren beide Triebwerke der Turboprop ATR-72 ausgefallen. Das zeigten erste Untersuchungen.
Die Probleme mit den beiden Propellerturbinen überraschten die Piloten am Mittwoch offenbar sofort nach dem Abheben vom Songshan-Flughafen um 10.52 Uhr Ortszeit in der taiwanesischen Hauptstadt. Die Piloten hätten vor dem Sturz in den Keelung-Fluss noch vergeblich versucht, die Turbinen neu zu starten, teilten die Flugsicherheitsbehörden am Freitag mit.
In 360 Meter Höhe ging der Alarm für den ersten Triebwerksausfall los. Knapp eine Minute später setzte die zweite Turbine aus, wurde wieder gestartet, versagte aber erneut. Warum die Triebwerke ausfielen, blieb unklar. «Wir sind noch dabei, die Daten der Flugschreiber auszuwerten», sagte der Chef der Luftfahrtsicherheitsbehörde, Thomas Wang.
Die Behörde veröffentlichte den letzten Funkspruch aus dem Cockpit. «Mayday! Mayday! Triebwerk-Ausfall!», sagte der Pilot. Danach riss die Verbindung ab. Flug GE235 der taiwanesischen Fluggesellschaft Transasia rammte eine Brücke und stürzte dreieinhalb Minuten nach dem Start nahe einem Wohngebiet der Millionenstadt in den Fluss.
Das Flugzeug hatte fünf Besatzungsmitglieder und 53 Passagiere, darunter 31 chinesische Touristen, an Bord, als es am Mittwoch verunglückte. 15 Insassen konnten gerettet werden, 35 weitere wurden bis Freitag tot geborgen. Hunderte Rettungskräfte und Taucher suchten im Fluss weiter nach den acht Vermissten.
Pilot als Held gefeiert
Unter den Toten war auch der Pilot Liao Chien Tsung. Der 41-Jährige wird in Taiwan als Held gefeiert, weil er offenbar alles versucht hatte, um den Sturz der Maschine in ein Wohngebiet zu verhindern. «Wir müssen ihm wirklich danken», sagte Taipehs Bürgermeister Mayor Ko Wen-je.
Tatsächlich zeigen Amateuraufnahmen des Absturzes, wie die Maschine knapp über ein paar Wohnhäuser hinwegfliegt, zur Seite kippt, mit einer Tragfläche die Stadtautobahn, ein Taxi und dann die Brückenmauer trifft, bevor es in den Fluss stürzt.
Wie die Zeitung «China Times» unter Berufung auf Ermittler berichtete, wurde die Leiche des Piloten im Cockpit gefunden – den Steuerknüppel hatte er noch in beiden Händen. Seine beiden Beine wiesen demnach mehrere schwere Brüche auf.
Kritik zurückgewiesen
Die Fluggesellschaft Transasia hatte nach dem Absturz mehrfach betont, es habe keine Hinweise auf technische Probleme mit dem Flugzeug gegeben. Bei regulären Sicherheitsuntersuchungen noch in den Wochen zuvor seien keine Unregelmässigkeiten festgestellt worden. Das Flugzeug sei nicht einmal ein Jahr alt gewesen.
Es war bereits der zweite Absturz einer TransAsia-Maschine innerhalb eines halben Jahres: Ende Juli war eine Turboprop mit 58 Menschen an Bord bei einem missglückten Landemanöver inmitten eines Taifuns in zwei Häuser der Penghu-Inseln gekracht. 48 Insassen wurden getötet, fünf Menschen am Boden verletzt.
Wie die Luftfahrtbehörde berichtete, hatte die ATR-72-Flotte in den vergangenen fünf Jahren allerdings schon fünfmal Triebwerksversagen. Drei der Zwischenfälle seien auf Herstellungsprobleme zurückgeführt worden, während zwei Mängel in der Wartung oder bei Reparaturen durch Transasia offenbart hätten, berichtete Taiwans Nachrichtenagentur CNA. Die Luftfahrtbehörde verhängte vorsorglich ein Flugverbot für alle Maschinen des Typs.