Im vergangenen Frühling droht dem Super-League-Absteiger Zürich ein Kollateralschaden. Einer bewahrt trotz erheblicher Anfeindungen die Nerven: Ancillo Canepa, Klubchef und Geldgeber.
Zusammen mit seiner Frau Heliane managte Präsident Ancillo Canepa die FCZ-Krise des Jahrzehnts strategisch und ging couragiert in die Offensive. Das finanzielle Risiko zahlte sich (vorerst) aus: In der Liga walzt der Stadtklub die Konkurrenz platt. Im Cup kommt es im neuen Jahr zum Viertelfinal-Klassiker gegen den FC Basel.
Und in europäischen Gefilden greift der neu ausgerichtete FCZ in Ankara nach einem Ticket für die 1/16-Finals. Vor dem Europa-League-Highlight analysiert Ancillo Canepa im Interview mit der Nachrichtenagentur sda die Zürcher Rückkehr aus der vorübergehenden Versenkung.
Wie fällt Ihre Zwischenbilanz nach 25 Spielen aus?
Ancillo Canepa: «Ich bin sehr zufrieden mit dem Weg, den wir eingeschlagen haben. In der Meisterschaft führen wir souverän, im Schweizer Cup überwintern wir, vor dem letzten Spiel der Europa-League-Gruppenphase besteht die Chance weiterzukommen. Das ist eine Reihe von Zwischenerfolgen, die uns bestimmt nicht viele zugetraut hätten.»
Was beeindruckt Sie an der ansprechenden Serie? Was strahlt der umgebaute FCZ aus?
«Die Einstellung der Mannschaft imponiert mir. Jedes Spiel hat sie hoch konzentriert bestritten. Und für mich geht von diesem Team Lebensfreude aus – unter der Woche, am Spieltag, immer. Das ist auch ein Verdienst der Trainer-Crew und dem Einfluss der neu verpflichteten Spieler zu verdanken, die wir im Sommer ganz bewusst ausgewählt hatten. Sie haben für eine positive Dynamik gesorgt. Das Klima ist gut wie nie zuvor während meiner zehnjährigen FCZ-Amtszeit.»
Das Pendeln zwischen der Anonymität der Challenge League und der erheblich grösseren Bühne Europa League gelingt nahezu problemlos – ein spezielles Merkmal der Equipe?
«Selbst im Cup gegen einen Erstligisten war eine Prise Demut erkennbar. Niemand ist in den letzten Monaten auf die Idee gekommen, im FCZ-Trikot grossspurig aufzutreten. Das spricht zum einen für den Charakter der Akteure und ist andererseits das Ergebnis intelligenter Transfers. Wir holten im Sommer ausschliesslich Spieler, die sich zu 100 Prozent glaubhaft dem Projekt Wiederaufstieg verschrieben haben.»
Sie persönlich und ihre Frau haben finanziell viel riskiert.
«Als die Schwarzmaler in Überzahl waren, haben sich Heliane und ich strategisch für den Vorwärtsgang entschieden – also den sofortigen Wiederaufstieg anzustreben. Wir sind beide so programmiert: Wenn man mal auf die ‚Schnurre‘ fällt, steht man wieder auf. Dann wird entschieden und umgesetzt. Bei den diversen personellen Wechseln haben wir ein gutes Händchen bewiesen.»
Dem FCZ räumte vor dem Start zum Europacup die Mehrheit der Experten wenig Chancen ein. Wie ist die Konstellation einzuordnen, jetzt unverhofft Europa-League-Geschichte zu schreiben?
«Wir haben für unsere ambitionierte Zielsetzung, europäisch im Februar noch vertreten zu sein, breites Kopfschütteln geerntet. Aber das Team hat sich hervorragend verkauft bis anhin. Jetzt überwiegt die riesige Vorfreude. Selbst wenn wir uns nicht qualifizieren sollten, bin ich stolz auf die Performance unserer Mannschaft. Im Prinzip sind wir der erfolgreichste Schweizer Vertreter in der aktuellen Europacup-Saison.»
Ist es für Sie die wichtigste Partie auf internationaler Ebene seit dem verlorenen Champions-League-Playoff gegen Bayern München vor fünf Jahren?
«Zwischenzeitlich hatten wir einige entscheidende Qualifikationsspiele mit Siegen und Niederlagen. Vor allem das Out gegen Dynamo Minsk vor einem Jahr zum Beispiel tat schon ziemlich weh. Aber klar, es ist eine Finalissima und sicherlich einer meiner internationalen Höhepunkte – keine Frage.»