Die Verhandlungen über ein Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU dauern an. Sowohl Energieministerin Doris Leuthard als auch der EU-Energiekommissar Günther Oettinger gaben sich nach einem Treffen in Bern aber zuversichtlich.
Oettinger sagte am jährlichen Schweizerischen Stromkongress im Berner Kursaal, man habe bei den Verhandlungen inzwischen 80 Prozent Übereinstimmung erreicht. Der Energiekommissar aus Deutschland hatte sich zuvor mit Leuthard zu einem Arbeitsgespräch getroffen.
Gemäss der Bundesrätin bleiben noch einige Knacknüsse, bis beide Parteien ihre Unterschrift unter ein Abkommen setzen können. Offen ist etwa die Frage, wie weit die Schweiz die EU-Vorgaben für die staatlichen Beihilfen an Energieunternehmen übernimmt.
Stark verknüpft sind die Verhandlungen über ein Stromabkommen zudem mit jenen zur Neuorganisation der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU. «Wer ist im Fall eines Streits der Schiedsrichter?» – diese Frage gelte es zu lösen, sagte Oettinger.
Oettinger: Lösung im zweiten Quartal
Sowohl Oettinger als auch Leuthard bezeichneten das Jahr 2014 vor den Vertretern der Strombranche als richtungsweisend. Die Verhandlungen über das Abkommen, die seit 2007 andauern, sollten keine «Neverending Story werden», sagte Oettinger.
Schliesslich würden das Parlament in Bern beziehungsweise das Schweizer Stimmvolk sowie das EU-Parlament in Brüssel über den Beitritt der Schweiz zum EU-Strombinnenmarkt entscheiden. «Dafür braucht es aber zuerst einen Vorschlag», sagte Oettinger. Ein solcher soll gemäss dem Energiekommissar im zweiten Quartal 2014 vorliegen.
Eine Lösung im laufenden Jahr sei auch deshalb wichtig, weil sein Mandat Ende Jahr auslaufe. «Mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin braucht ein Jahr, um sich einzuarbeiten», sagte Oettinger. Dadurch würden die Verhandlungen weiter in die Länge gezogen.
«Wir müssen noch viel Überzeugungsarbeit leisten», sagte Leuthard, dies bereits mit Blick auf die Debatte im Parlament sowie eine allfällige Volksabstimmung. Das Stromabkommen bringe viele Vorteile, etwa bei der Versorgungssicherheit. Entscheide sich die Schweiz hingegen gegen eine Teilnahme am europäischen Strommarkt, habe dies vor allem höhere Preise zur Folge.
Leuthard: Ke
ine Subventionen für Wasserkraft
Oettinger illustrierte die Vorteile eines Abkommens für die Schweiz am Beispiel des derzeit schwierigen Marktumfelds für die Wasserkraft. Die Betreiber von Wasserkraftwerken beklagen sich über marktverzerrende Subventionen für erneuerbare Energie. «Mit einem Abkommen können sie gegen solche Verzerrungen klagen», sagte Oettinger.
Auch Bundesrätin Doris Leuthard richtete sich am Stromkongress an die Betreiber von Wasserkraftwerken: «Es wäre falsch, die Subventionstöpfe zu öffnen», sagte sie. Zwar seien Investitionen in die Wasserkraft heute tatsächlich wenig attraktiv, staatliche Fördermassnahmen könnten aber nicht die Lösung sein.
Leuthard zeigte sich zudem erfreut über die Absicht der europäischen Strombörse EPEX, in Bern eine Filiale zu eröffnen. Die Eröffnung ist am 1. April geplant, wie letzte Woche bekannt wurde. Damit kann die Schweizer Regulierungsbehörde ElCom ihren Einfluss auf die Stromgeschäfte geltend machen.