Die Europäische Zentralbank (EZB) ist einem deutsch-französischen Konflikt aus dem Weg gegangen. Der Belgier Peter Praet wird überraschend neuer EZB-Chefökonom. Das beschloss das Direktorium der Notenbank. Damit wird der Spitzenposten erstmals nicht mit einem Deutschen besetzt.
Eigentlich war erwartet worden, dass entweder der Franzose Benoît Coeuré oder der Deutsche Jörg Asmussen neuer Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Notenbank wird. Bislang besetzte Deutschland diesen Posten seit dem Start der Währungsunion.
Die grösste Volkswirtschaft der Euro-Zone wird damit entschädigt, dass Ex-Finanzstaatssekretär Asmussen künftig unter anderem einen Grossteil der Aussenbeziehungen der EZB steuern wird – etwa die Beziehungen zum EcoFin, zur Euro-Gruppe und zu den G20. Bei den wichtigen internationalen Institutionen wird also künftig ein Deutscher EZB-Präsident Draghi vertreten.
Asmussen zufrieden
Bislang war dies dem Vizepräsidenten, dem Portugiesen Vítor Constâncio vorbehalten. Der Bild-Zeitung (Mittwochausgabe) sagte Asmussen, er sei zufrieden. „Gemeinsam mit EZB-Präsident Draghi werde ich mich um das kurzfristige Krisenmanagement und die langfristige Ausgestaltung der Euro-Stabilitätsunion kümmern.“
Der Franzose Coeuré übernimmt unter anderem die Abteilung Marktoperationen vom im Frühjahr turnusmässig ausscheidenden Spanier Jose Manuel Gonzalez Paramo. Die Abteilung koordiniert neben den regulären Refinanzierungsgeschäften mit den Banken auch die höchst umstrittenen Staatsanleihenkäufe der EZB.
Die Entscheidung, wie viele Bonds die EZB kauft, fällt aber im EZB-Rat und Direktorium. Coeuré gilt als Befürworter ausgedehnterer Bondkäufe durch die Zentralbank.
Personalspiele
Der 62 Jahrer alte promovierte Ökonom Praet ist seit Juni bei der EZB und war nach Stationen im Finanzministerium, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und in der Wissenschaft zuletzt bei der Zentralbank seines Heimatlandes. Coeuré, bisher Chefvolkswirt im Pariser Finanzministerium, und Ex-Finanzstaatssekretär Asmussen sind seit dem Jahreswechsel Mitglieder des obersten Führungsgremiums der Notenbank.