Die erste Einzelausstellung im neuen Erweiterungsbau des Bündner Kunstmuseums ist eine Sensation: «Anne Loch. Künstliche Paradiese» zeigt zum ersten Mal ein kaum bekanntes Monumentalwerk der kürzlich verstorbenen deutschen Landschaftsmalerin.
Die Geschichte um Anne Loch (1946-2014) und ihr Werk ist kaum zu glauben: Die Frau schuf rund 1400 grossformatige Landschafts- und Naturgemälde auf höchstem künstlerischem Niveau und ist dennoch praktisch unbekannt. Eine repräsentative Auswahl ist in Chur bis Anfang Mai zu sehen.
«80 Prozent ihrer Bilder sind noch nie gezeigt worden», erklärte Museumsdirektor Stefan Kunz am Donnerstag vor den Medien. Und das, obschon Loch in den 1980er-Jahren eine in Deutschland sehr bekannte Malerin gewesen sei. Sie feierte Erfolge mit Ausstellungen in namhaften Galerien in den europäischen Metropolen.
1988 aber brach die Malerin mit dem Kunstbetrieb und zog sich ins bündnerische Thusis zurück, um nur noch eines zu machen: exzessiv zu malen. Sie malte um des Malens willen. Obwohl sie in einfachsten Verhältnissen lebte, interessierte sie der Verkauf ihrer Bilder nicht. Buchstäblich Hunderte Gemälde wanderten direkt von der Staffelei in den Keller, nur einzelne wurden verkauft.
Berge, Blumen und Tiere
Im gesamten Monumentalwerk blieb die Künstlerin einem Thema treu: den Bergen sowie den Tieren und den Blumen. Enzian und Edelweiss kommen auf manch einem Bild vor, typischerweise in Grossaufnahme vor erhabenem bis erdrückendem Bergpanorama. Was eigentlich als übelster Alpenkitsch in einem Gratiskalender landen müsste, gerät unter Lochs Pinsel zur ambivalenten Auseinandersetzung mit der Grandezza der Alpenwelt.
«Das ist kein Fotorealismus, sondern immer eine gebrochene Geschichte», erklärte Museumsdirektor Kunz. Immer wieder würden die Bilder ins Abstrakte kippen. Die Erhabenheit der Berge werde fast schon schematisch dargestellt. Typisch für Lochs Werk sei die Distanznahme zur Schönheit. In der Tat wirkt keines der Gemälde trotz pittoresker Motive nur heiter – auf manch einer Leinwand schwingt Bedrohliches mit.
Was überrascht, ist die Fülle des Werkes. Die Bandbreite reicht vom ausladenden Bergpanorama über Bilder einzelner Tiere oder Blumen bis hin zu rein abstrakten Gemälden. Loch malt den vermeintlichen Alpenkitsch in verschiedenen Graden der Abstraktion und kombiniert Ornamentales mit Elementen aus Volks- und Textilkunst. «Die Erhabenheit der Alpenwelt wird nie pathetisch dargestellt, sondern immer reflektiert und gebrochen», sagte Kunz.