In der japanischen Atomruine Fukushima hat am Montag die riskante Bergung von rund 1500 Brennstäben aus dem Abklingbecken eines beschädigten Reaktorgebäudes begonnen. Da Reaktor 4 nicht im Betrieb war, gab es keine Kernschmelze.
Die Operation wird deshalb als Ouvertüre für den ungleich schwierigeren Abbau der beschädigten Reaktoren gewertet.
Die voraussichtlich ein Jahr dauernde Bergung des Brennstoffes müsse mit «höchster Vorsicht» erfolgen, erklärte der Chef der Atomaufsichtsbehörde, Shunichi Tanaka, am Montag. Das Gebäude des Reaktors 4 war bei einer Wasserstoffexplosion in Folge des Erdbebens und Tsunamis vom 11. März 2011 beschädigt worden.
Arbeitskräfte sollen die 1331 abgebrannten sowie 202 unbenutzten Brennstäbe einen nach dem anderen mit einer Spezialvorrichtung in einen castorähnlichen Behälter hieven. Dieser Vorgang geschieht in dem Becken unter Wasser.
Sobald der Container mit 22 der 4,5 Meter langen Brennstäbe gefüllt ist, wird er mit einer Kranvorrichtung auf ein Transportfahrzeug gehoben. Dieser bringt ihn dann zu einem anderen Gebäude in rund 100 Meter Entfernung, wo die Brennstäbe laut Tepco sicherer als bisher in einem Abklingbecken gelagert werden können.
Die Umlagerung gilt als erster grosser Schritt zur Stilllegung des AKW. Der vollständige Rückbau der Anlage dürfte etwa 30 bis 40 Jahre dauern.
Befürchtungen von Greenpeace
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace äusserte die Befürchtung, dass Tepco nicht in der Lage sein könnte, die gefährliche Operation unfallfrei über die Bühne zu bringen. Bei Pfusch könnten Arbeiter hohen Strahlendosen ausgesetzt werden und im schlimmsten Fall könnte es zu einem neuen Austritt von Radioaktivität in die Atmosphäre kommen.
Der Betreiber Tepco versicherte jedoch, dass eine erneute Katastrophe samt Kernspaltung sehr unwahrscheinlich sei. Selbst wenn ein Brennstab brechen und Strahlung freigesetzt würde, so versichert Tepco, bestehe kein grosses Strahlenrisiko für die Umgebung des AKW. Damit während der Bergungsarbeiten keine Radioaktivität nach aussen gelangt, hat Tepco das Gebäude abgedeckt. Man habe «alle möglichen» Sicherheitsmassnahmen getroffen, versicherte Tepco-Chef Naomi Hirose.
Immer mehr verstrahltes Wasser
Seit dem Atomunglück von Fukushima im März 2011 kämpft Tepco mit den Folgen, darunter etlichen Wasserlecks. Tausende Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser, das zu Kühlzwecken an den beschädigten Reaktoren eingesetzt und in Wassertanks gelagert wurde, gerieten dadurch in den Pazifischen Ozean.
In der Vergangenheit gab das Krisenmanagement von Tepco überdies wenig Anlass zu Vertrauen. Hinzu kamen schier unglaubliche Pannen, darunter ein Stromausfall in Fukushima, der durch eine von einem Stromschlag getötete Ratte ausgelöst wurde.
Die grossen Brocken kommen erst noch
Die am Montag gestartete Bergung ist im Vergleich zu dem, was die Ingenieure in den anderen drei Reaktorruinen erwartet, nur ein Vorspiel. Denn dort kam es anders als in Reaktor 4 zur Kernschmelze.
«Der hohe Gehalt an radioaktivem Müll in den Reaktoren stellt die grösste Schwierigkeit dar, wegen des Durcheinanders darin», sagt Hiroshi Tasaka von der Universität Tama in Tokio. Tasaka beriet die japanische Regierung unmittelbar nach der Katastrophe.