Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat nach einer offiziellen Untersuchung beim blutigen Militäreinsatz gegen die Gaza-Flottille schwere Fehler begangen. Das geht aus dem Bericht hervor, den der staatliche Ombudsmann Micha Lindenstrauss vorlegte.
In dem 153 Seiten langen Bericht heisst es, der Regierungschef habe vor dem Befehl zur Erstürmung der Hilfsflotte, mit der Aktivisten Hilfsgüter in den von Israel abgeriegelten Gazastreifen bringen wollten, keine ausführlichen Konsultationen geführt.
Er habe sich lediglich in getrennten Gesprächen mit Aussenminister Avigdor Lieberman und Verteidigungsminister Ehud Barak ausgetauscht. Über diese separaten Gespräche habe es keinerlei Mitschriften oder Zusammenfassungen gegeben, bemängelte Lindenstrauss.
Netanjahu habe nur kurz vor der Ankunft der Schiffe ein schnelles Gespräch „ohne jede Vorbereitung“ mit den sieben wichtigsten Ministern geführt.
Neun Tote bei Erstürmung
Ein israelisches Militärkommando hatte die Hilfsflotte aus sechs Schiffen am 31. Mai 2010 in internationalen Gewässern abgefangen und das türkische Schiff „Mavi Marmara“ gestürmt. Dabei wurden neun türkische Passagiere getötet.
Der Zwischenfall führte zu einem schweren diplomatischen Zerwürfnis zwischen Israel und der Türkei. Eine Untersuchungskommission des UNO-Menschenrechtsrates warf Israel schwere Verstösse gegen die Menschenrechte vor.
In Israel gab es bereits mehrere Untersuchungen zu dem Fall: Eine im Januar vorgelegte Untersuchung unter der Leitung des ehemaligen israelischen Richters Jaakov Tirkel bescheinigte Israel, im Einklang mit dem Völkerrecht gehandelt zu haben.
Die Armee räumte in einem Untersuchungsbericht im Juli 2010 Fehler bei der Vorbereitung und Ausführung der Kommandoaktion ein. Die Armeeführung verteidigte den Einsatz ebenso wie Netanjahu jedoch als „massvoll und gerechtfertigt“.